Publikationstyp
Forschungsbericht
Monographie
Monographie
Erscheinungsjahr
2019
Integration erneuerbarer Energien durch Sektorkopplung
Integration erneuerbarer Energien durch Sektorkopplung
Elektrifizierung von Betriebsmitteln im Gasnetz ; Abschlussbericht
Autor:innen
Herausgeber
Quelle
Schlagwörter
Power-to-Gas, Power to Liquid, Emissionsminderung, Treibhausgas, Gasnetz, Sektorkopplung, Elektrifizierung Betriebsmittel
Forschungskennzahl (FKZ)
3714411072
Verbundene Publikation
Zitation
KÖPPEL, Wolfgang und Martin WIETSCHEL, 2019. Integration erneuerbarer Energien durch Sektorkopplung [online]. Dessau-Roßlau. Climate Change, 04/2019. Verfügbar unter: https://openumwelt.de/handle/123456789/5513
Zusammenfassung deutsch
Ziel des vorliegenden Berichts ist es, das Potenzial und die Auswirkungen der Integration erneuerbarer Energien im Gasnetz durch die Elektrifizierung von Betriebsmitteln vor dem Hintergrund der Erreichung der langfristigen Klimaschutzziele und der Energiewende zu betrachten. Betriebsmittel im Gasnetz sind technische Komponenten, die dem Gastransport und der Gasspeicherung dienen. Diese Betriebsmittel werden bislang unabhängig vom Stromnetz mit dem zu transportierenden Erdgas betrieben. Diese Untersuchung wurde im Rahmen der Studie "Integration erneuerbarer Energien durch Sektorenkopplung, Teilvorhaben 2: Analyse zu technischen Sektorkopplungsoptionen" durchgeführt, die die Subsituierung fossiler Energieträger durch Einsatz sog. Sektorkopplungsoptionen (SKO) für Deutschland bis 2050 in verschiedenen Anwendungsbereichen identifiziert und den möglichen Beitrag zu den energie- und klimapolitischen Zielen analysiert (Wietschel 2017). Die Möglichkeiten des Gasnetzes werden in dem vorliegenden Bericht untersucht. Zur Beurteilung der zukünftige Entwicklung der Sektorkopplungsoptionen bis 2050 wurden zwei Szenarien AMS und KS95 (Beschreibung s. Wietschel 2017) betrachtet: Im Aktuelle-Maßnahmen-Szenario (AMS) schreibt den aktuellen Stand der energie- und klimaschutzpolitischen Rahmenbedingungen bis zum Jahre 2050 fort. Die energie- und klimaschutzpolitischen Ziele der Bundesregierung werden in diesem Szenario weitgehend verfehlt. Im Klimaschutzszenario 95 (KS95) werden bis zum Jahr 2050 die Treibhausgasemissionen um 95 % gegenüber 1990 gemindert durch Erreichen von ambitionierten Zielen für Treibhausgasemissionen, Energieeffizienz und erneuerbare Energien. Für die vorliegenden Betrachtungen zum Gastransport wurden die Szenarien erweitert und die Funktion Deutschlands als Transitland von Gas im europäischen Kontext berücksichtigt. Grundlegend ist jedoch festzuhalten, dass die Szenarien zur langfristigen Entwicklung eine deutliche Reduzierung des Primärenergieverbrauchs von Gas in Deutschland bis 2050 aufzeigen. Die durchgeführte Studie betrachtet die Elektrifizierung der technischen Komponenten des deutschen Gasferntransportnetzes inklusive der dort angeschlossenen Untertageerdgasspeicher sowie deren flexiblen Betrieb in einem fluktuierenden erneuerbaren Energiesystem. Die Transportverdichter in den ca. 70 Stationen des Fernleitungsnetzes, die Druckverluste durch Reibung ausgleichen, sowie die Verdichter zum Einspeichern von Gasmengen in die Untertageerdgasspeicher eignen sich im Rahmen der Sektorenkopplung zu Elektrifizieren, da ihr Antrieb grundsätzlich gasbasiert und strombasiert erfolgen kann. Ebenso kann die Vorwärmung des Gases vor dem Entspannen des Gases aus den Speichern oder dem Ferntransportnetz in ein nachgelagertes Netz mit erneuerbarem Strom realisiert werden (Power to Heat). Die infrastrukturellen Auswirkungen der zusätzlichen Stromnachfrage aus dem Gasnetz für das Stromnetz wurden nicht mitbetrachtet. Für die Elektrifizierung der Betriebsmittel im Gasnetz lassen sich folgende Schlussfolgerungen ziehen: - Technisches Potential im Gasnetz vorhanden. - Für die Verdichtung und Vorwärmung von Gas im Gastransport (Fernleitungsnetz) und im Speicherbetrieb ergibt sich momentan ein technisches Potential zur Integration von Strom von ca. 3,8 TWh im Jahr. Durch den erwarteten Rückgang der transportierten Gasmenge und damit Verringerung der benötigten Verdichterleistung und Energieaufwendungen für die Vorwärmung verringert sich dieses Potential bis 2050 signifikant (ca. 2,5 TWh im AMS und ca. 1,6 TWh im KS95). - Bivalente Systeme sind Vorteilhaft, jedoch kostenintensiver. - Die Anwendungen im Gasnetz sind relativ unflexibel und können nur begrenzt in einem fluktuierenden Energiesystem agieren. Ein höherer Flexibilitätsbeitrag kann bei bivalenter Auslegung der technischen Kom-ponenten geleistet werden. Eine bivalente Anlage hält zwei unterschiedlichen Anlagentechnologien vor (sowohl gasbasierter als auch elektrischer Betrieb möglich), was zunächst höhere Investitionen verursacht als nur eine Anlage. Gleichfalls sind auch in der Wartung höhere Kosten zu erwarten, aufgrund z.B. der zusätzlichen Belastungen durch häufiges An- und Abfahren der Anlagen. Deshalb ist diese Anlagenkonfiguration betriebswirtschaftlich momentan häufig nicht darstellbar und zukünftig nur bei entsprechend hohen Flexibilitätsanreizen im Strommarkt. - Die Elektrifizierung der Betriebsmittel führt zu geringen Treibhausgasemissionen, kann jedoch nur einen geringen Beitrag zu den Minderungszielen insgesamt leisten. - Die Treibhausgas (THG) -Emissionen der Sektorkopplungsoptionen hängen vor allem von dem Mix der eingesetzten Kraftwerkstypen zur Stromproduktion ab. Wird der stündliche Eintrag von erneuerbarem Strom in Strommix des Aktuelle-Maßname-Szenario (AMS) unterstellt, kann bis ins Jahr 2050 durch die SKO im Gasnetz im Vergleich zu anderen Maßnahmen kaum CO2 eingespart werden. Durch die inflexible Fahrweise des Gasnetzes wird auch in Zeiten mit hohem Anteil an fossil erzeugtem Strom bezogen. Eine vollständig auf erneuerbarer Energie basierende Stromversorgung, aber auch eine Umstellung des Brenngases auf regenerative Gase würde eine deutlichere THG-Minderung bewirken. - Der Primär- und Endenergiebedarf sinkt beim Einsatz von Elektromotoren zur Gasver-dichtung. - Die Einsparungen liegen bei etwa 3,5 TWh in beiden Szenarien. - Aus volkswirtschaftlicher Sicht ist im Jahr 2050 die strombasierte Verdichtung der gasbasierten vorzuziehen. - Eine volkswirtschaftliche Betrachtung zeigt, dass strombasierten Verdichter leicht günstigere Faktorkosten (Investition, Energiekosten incl. Zertifikatspreise, Betriebskosten) aufweisen als die gasbetriebene Referenztechnik. Dabei handelt es sich jedoch um mittlere Werte, die je nach Standort variieren können. Beispielsweise kann die Lage einer Verdichterstation zur nächsten geeigneten Transformator-Station des Stromnetzes Einfluss auf die Investitionen haben. Außerdem werden in dem vorliegenden Bilanzraum mögliche Mehrkosten für eine zusätzliche Infrastruktur auf Stromseite nicht berücksichtigt. - Die Elektrifizierung der Betriebsmittel führt zu geringeren Umweltkosten. - Die Umweltkosten reduzieren sich beim Einsatz der strombasierten Verdichter im Wesentlichen aufgrund des geringeren Primärenergieeinsatzes beim Gastransport. Hier sind Einsparungen bis zu 255 Mio. âą im Jahr 2050 möglich (KS95). Bei der Gasvorwärmung sind die Beiträge zu energie- und klimapolitischen Zielen wesentlich geringer. Die Elektrifizierung der Betriebsmittel im Gasnetz ist unter der Annahme einer "Kupferplatte" im Stromnetz langfristig sinnvoll, um die Primärenergieeinsparpotentiale und Treibhausgasminderungspotentiale verbunden mit den volkswirtschaftlichen Minderkosten sowie den geringeren Umweltkosten gegenüber der heutigen Nutzung von Gas als Betriebsmittel zu heben. Der Ersatz von Erdgas durch regenerative Gase würde zwar zu ähnlichen Treibhausgasminderungspotentiale führen, aber höhere volkswirtschaftliche Kosten verursachen. Auch in der Übergangszeit und vor dem Hintergrund der Integration der erneuerbaren fluktuierenden Erzeugung sowie der Gewährleistung der Versorgungssicherheit im Gasnetz erscheint der bivalente Betrieb von Betriebseinheiten im Gasnetz aus energetischer Sicht zweckmäßig. Eine relativ rasche Marktdurchdringung bei den elektrisch betriebenen Verdichtern sollte mit einem entsprechenden Anreizprogramm für Energieunternehmen möglich sein. Quelle: Forschungsbericht
Zusammenfassung englisch
The aim of this report is to examine the potential and effects of the integration of renewable energy in the gas grid considering future electrification and the proposed steps for the "Energiewende". Presently, the components of the gas network are used to transport and store gas independent of the electrical grid. This study was carried out in the framework of the study "Integration of Renewable Energies through Sectoral Coupling, Work Packet 2: "Analysis of Sectoral Coupling Options", which was intended to identify the possible replacement of fossil fuels using the so-called Sectoral Coupling Options (SKO) for Germany in various application areas by 2050 (Wietschel 2017). The possibilities pertaining to the gas network are examined in this report. To assess the future development of sectoral coupling options by 2050, two scenarios, AMS and KS95 (description see Wietschel 2017)., were considered: In the Current Measures Scenario (AMS), the current state of the energy and climate protection framework continues until 2050. However, the energy and climate protection goals of the federal government would largely be missed in this scenario. In Climate Change Scenario 95 (KS95), greenhouse gas emissions are expected to be reduced by 95% by 2050 (compared to 1990 levels) by achieving ambitious targets for energy efficiency, renewable energy integration and storage. Focusing on gas transport, the scenarios were expanded and Germany as a transit country for gas in the European context was taken into account. It should however be noted that the scenarios for long-term development show a significant reduction in the primary energy consumption of gas in Germany by 2050. The study deals with the electrification of the technical components of the present German gas transport network including the electrification of subsurface natural gas storage facilities in a normal as well as in a renewable weighted scenario where the energy supply fluctuates. The transport com-pressors in the approximately 70 stations of the pipeline network, which compensate for pressure losses due to friction, as well as the compressors for storing gas quantities in the underground natural gas storage are a suitable part for sector coupling through electrification, since their operation can be basically gas-based as well as electricity-based. Likewise, the preheating of the gas before releasing the gas from the storage or the long-distance transport network can be realized in a downstream network with renewable electricity (power to heat). The infrastructure requirements of the additional electricity demand were however not considered. The following conclusions can be drawn for the electrification of equipment in the gas network: - Technical potential in the gas grid. - There is a potential for the integration of ca. 3.8 TWh per year of electricity for the compression and preheating of gas in gas transport (transmission network) and in storage operation. Due to the expected decrease in the transported gas volume and thereby a reduction in the required compressor capacity and energy costs for preheating, this potential would be significantly reduced by 2050 (about 2.5 TWh in the AMS and about 1.6 TWh in the KS95). - Bivalent systems are advantageous, but costly. - The applications in the gas network are relatively inflexible and can only operate to a limited extent in a fluctuating energy system. A higher flexibility contribution can be made with bivalent design of the technical components. A bivalent system has two different technologies where both gas-based and electrical operation are possible, which initially causes higher investment than just one system. Likewise, higher costs are also to be expected in maintenance, due to e.g. the additional burden of frequent startup and shutdown of the equipment. Therefore, this system configuration is currently not economically feasible and, would be in the future only with correspondingly high flexibility incentives in the electricity market. - The electrification of inputs leads to lower GHG emissions, but can make only a small contribution to the overall reduction targets. - The greenhouse gas (GHG) emissions of sector coupling options mainly depend on the type of power plants used for power production. If the hourly influence of renewable electricity into the electricity mix of the current measure name scenario (AMS) is assumed, hardly any CO2 can be saved until 2050 by the SKO in the gas grid compared to other measures. Due to the inflexible driving style of the gas network, it is also used in times with a high proportion of electricity generated by fossil fuels. On the other hand, a full renewable power system or regenerative gases would cause a significant GHG reduction. - The primary and final energy demand decreases when using electric motors for gas compression. - The savings are about 3.5 TWh in both scenarios. - From a macroeconomic point of view, electricity-based compression of gas-based fuels is preferable in 2050. - An economic analysis shows that electricity-based compressors are slightly cheaper in various aspects (investment, energy costs including certificate prices, operating costs) in comparison to the gas-powered alternatives. However, these are average values that can vary depending on the location. For example, the location of a compressor station to the nearest suitable transformer station of the power grid can have an impact on the investment. Further, the method of analysis used here also does not consider possible costs for additional infrastructure requirements on the electricity side. - The electrification of equipment leads to lower environmental costs. - The environmental costs are reduced when using the current-based compressors mainly due to the lower primary energy use in gas transport. Savings of up to Euro 255 million in 2050 are possible here (KS95). With regard to gas preheating, contributions to energy and climate policy goals are much lower. The electrification of gas network resources in the long term makes sense, as they would be a buffer to the grid, they maximize primary energy savings, offer high greenhouse gas mitigation potential, lower economic costs and lower environmental costs compared to gas based alternatives in use today. The replacement of natural gas by renewable gases would lead to similar greenhouse gas reduction potential, but would cause higher economic costs. In the context of the integration of renewable fluctuating electricity and ensuring security of supply in the gas network, the bivalent operation of gas network operating units appears energetically expedient. A relatively rapid penetration of electrically operated compressors should therefore be ensured by a corresponding incentive program for energy companies. Quelle: Forschungsbericht Modalität Abstract übernommen