Ekardt, FelixHeß, FranziskaBader, JudithFritz, KarinGroth, IngaPille, AlexanderSchumacher, NadineBärenwaldt, Marie2024-06-162024-06-162023Abschlussdhttps://doi.org/10.60810/openumwelt-2873https://openumwelt.de/handle/123456789/2082Weltweit haben Klagen auf mehr Klimaschutz eine immer größere Bedeutung. Fast alle Klagen bringen bislang allerdings keine oder keine nennenswerten Verpflichtungen der Gesetzgebung zu mehr Klimaschutz hervor. Die Klima-Entscheidung des deutschen Bundesverfassungsgerichts liefert eine Neuinterpretation liberal-demokratischer Kernbegriffe und ist von hoher Relevanz für das liberal-demokratische Verfassungsrecht im Allgemeinen - einschließlich des EU- und Völkerrechts. Das Urteil akzeptiert die Menschenrechte als intertemporal und global anwendbar; es wendet das Vorsorgeprinzip auf diese Rechte an und befreit sie von der irreführenden Kausalitätsdebatte. Prozedural werden die Rolle des Parlaments und die Verpflichtung zu einer sorgfältigen Tatsachenerhebung betont. In der Summe kommt es so zu einer Verpflichtung der Gesetzgebung zu mehr Klimaschutz. Allerdings rückt das Gericht letztlich die Freiheitsgefährdung aufgrund einer (zunächst zu wenig ambitionierten und später) radikalen Klimapolitik ins Zentrum und leitet die praktische Verpflichtung zur Klimaneutralität vor allem daraus ab - und fokussiert nicht so sehr die Freiheitsbedrohung durch den Klimawandel selbst. Insofern steht eine Neuinterpretation der Freiheitsgarantien und der Gewaltenteilung - die im Grundgesetztext angelegt ist - weiterhin auf der Tagesordnung. Das Gericht macht auch nicht deutlich, dass das Pariser 1,5-Grad-Limit ein radikal kleineres Kohlenstoffbudget bedeutet; doch kann man die Entscheidung insoweit aufgrund der Verpflichtung zur sorgfältigen Tatsachenerhebung weitergehend interpretieren. Außerdem wurde bisher wenig beachtet, dass die Gerichtsentscheidung eine Verpflichtung Deutschlands impliziert, auf mehr EU-Klimaschutz hinzuwirken, zumal die meisten Emissionen supranational geregelt sind. Das EU-Emissionshandelssystem bedarf, um effektiv zu sein, einer Reform, die deutlich über die bestehenden EU-Vorschläge hinausgehen müsste. Neben einer solchen transnationalen Mengensteuerung von Emissionen müssen auch sämtliche andere staatlichen Entscheidungen mit einem baldigen Erreichen von Klimaneutralität vereinbar sein. Quelle: ForschungsberichtAround the world, lawsuits for more climate protection are becoming increasingly important. However, almost all lawsuits so far produce no or no significant legislative commitments to more climate protection. The climate ruling of the German Federal Constitutional Court provides a new interpretation of liberal-democratic core concepts and is highly relevant for liberaldemocratic constitutional law in general - including EU and international law. The ruling accepts human rights as intertemporal and globally applicable; it applies the precautionary principle to these rights and frees them from the misleading causality debate. Procedurally, it emphasizes the role of parliament and the obligation to conduct a careful fact-finding process. In sum, this results in a legislative obligation to do more to protect the climate. However, the court ultimately places the threat to freedom due to an (initially too unambitious and later) radical climate policy at the center and derives the practical obligation to climate neutrality primarily from this - and does not focus so much on the threat to freedom posed by climate change itself. In this respect, a reinterpretation of the guarantees of freedom and the separation of powers - which is implied by the wording of the Basic Law - remains on the agenda. The court also does not make it clear that the Paris 1.5 degree limit means a radically smaller carbon budget; but one can interpret the courtâ€Ìs verdict more broadly in this respect because of the obligation to carefully gather facts. Moreover, little attention has been paid to date to the fact that the court verdict implies an obligation on Germany to work towards more EU climate protection, especially since most emissions are regulated supranationally. To be effective, the EU ETS needs a reform that would have to go well beyond the existing EU proposals. In addition, all other state decisions must also be compatible with achieving climate neutrality in the near future. Quelle: ForschungsberichtDer Versuch, ambitionierten ⁠Klimaschutz⁠ vor Gericht zu erstreiten, wirft grundsätzliche Fragen auf, etwa nach der Verantwortlichkeit und Leistungsfähigkeit der Judikative und der übrigen Staatsgewalten angesichts der globalen Herausforderungen Umweltschutz und ⁠Klimawandel⁠, nach der Verantwortlichkeit für bestehende Regulierungsdefizite, nach Gewaltenteilung, Grundrechtsschutz und Staatszielen. Der vorliegende Forschungsbericht widmet sich diesen Fragen unter besonderer Beachtung des Klimabeschlusses des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2021 und den sich ergebenden Implikationen für den Emissionshandel1 Onlineressource (125 Seiten)online resourcegerhttp://rightsstatements.org/vocab/InC/1.0/BundesverfassungsgerichtPariser-ÜbereinkommenEU-KlimaschutzJudikative als Motor des Klimaschutzes?ForschungsberichtKlima | Energie