Für Mensch und Umwelt Stand: 27. September 2023 Der Umgang mit dem Wirtschaftlichkeitsgrundsatz in der Novelle zum GEG 2023 Ad-hoc Papier Prof. Dr. Stefan Klinski Inhalt 1 Einleitung ......................................................................................................................................... 2 2 Überblick über die relevanten Bestimmungen im bisherigen GEG ................................................. 4 3 Überblick über den Gesetzentwurf zur Änderung des GEG ............................................................ 6 3.1 Vorgaben aus Anlass des Einbaus/der Aufstellung von Heizanlagen .................................... 6 3.2 Änderungen im Befreiungstatbestand .................................................................................. 9 3.3 Sonstige im hiesigen Kontext relevante Änderungen des GEG ............................................. 9 4 Zur Berücksichtigung der Wirtschaftlichkeit in der Gesetzesnovelle zum GEG ............................ 11 4.1 Berücksichtigung des allgemeinen Wirtschaftlichkeitsgrundsatzes (§ 5 GEG) bei der Gesetzeskonzeption und den „Heizungsregelungen“ ....................................................................... 11 4.2 Berücksichtigung der Wirtschaftlichkeit im Rahmen des Befreiungstat-bestands (§ 102 GEG) 12 4.2.1 Die vorgesehenen Änderungen in § 102 Absatz 1 GEG .................................................... 12 4.2.2 Zum Verständnis von § 102 Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 GEG ..................................................... 13 4.2.3 Zur Auslegung der vorgesehenen Ergänzung in § 102 Absatz 1 Satz 2 GEG sowie der neu hinzukommenden Sätze 3 und 4 ....................................................................................................... 15 4.2.4 Zur Auslegung des vorgesehenen § 102 Absatz 1 Satz 5 GEG .......................................... 17 4.2.5 Die vorgesehene Hinzunahme von § 102 Absatz 5 GEG ................................................... 19 5 Abschließende Gesamtwürdigung ................................................................................................ 20 2 1 Einleitung Die Bundesregierung betrachtet die Energiewende im Wärmebereich („Wärmewende“) als einen Schlüsselbereich für den Klimaschutz und die Reduktion der Abhängigkeit von Importen fossiler Energie. Deshalb haben sich die Regierungsparteien im Koalitionsvertrag darauf verständigt, dass ab 2024 neu eingebaute Heizungen auf Basis von 65 Prozent erneuerbaren Energien betrieben werden sollen.1 Um dieses politische Vorhaben umzusetzen, hat die Bundesregierung im Mai 2023 einen Entwurf zur Änderung des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) vorgelegt.2 Der heftig umstrittene Gesetzentwurf wurde im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens unter Auswertung der teils massiven öffentlichen Kritik und regierungsinterner Kontroversen an zahlreichen Stellen modifiziert. Die im zuständigen Ausschuss des Bundestages verabschiedete Fassung der Beschlussempfehlung3 sieht demgegenüber wesentlich längere Übergangsfristen vor und eröffnet weitergehende Wahlmöglichkeiten. Sie sieht zusätzliche Regelungen zur Verzahnung mit der ebenfalls beabsichtigten gesetzlichen Einführung einer lokalen („kommunalen“) Wärmeplanung vor. Außerdem wurden Begleitmaßnahmen zur sozialen Abfederung durch Förderung und durch Änderungen an mietrechtlichen Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) beschlossen (die, soweit sie die Förderung betreffen, nicht unmittelbar Gegenstand des Gesetzentwurfs sind).4 Der Änderungsentwurf zum GEG wurde kurz vor der redaktionellen Schlussbearbeitung dieses Textes in der Fassung der Beschlussempfehlung im Bundestag verabschiedet und passierte Mitte September 2023 auch den Bundesrat.5 Die mittlerweile verabschiedete Fassung der Beschlussempfehlung (Bundestags-Drucksache 20/7619) ist eigentlicher Gegenstand der hiesigen Betrachtung. Sie wird im Folgenden abgekürzt mit GE-B. Soweit die Entwurfsfassung des ursprünglichen Antrags im Bundestag (Bundestags-Drucksache 20/6875) angesprochen wird, wird diese abgekürzt mit GE-A. In der vorliegenden Ausarbeitung soll genauer beleuchtet werden, wie der Gesetzentwurf zur Änderung des GEG mit dem in § 5 des Gesetzes (schon bisher) enthaltenen „Wirtschaftlichkeitsgrundsatz“ umgeht. Praktisch geht es dabei um verschiedene Fragenkreise: ► Sind Änderungen am GEG vorgesehen, die den allgemeinen, an den Gesetzgeber selbst gerichteten Wirtschaftlichkeitsgrundsatz (§ 5 GEG) direkt betreffen oder sich auf seine Anwendung auswirken? ► Auf welche Weise wurde der Wirtschaftlichkeitsgrundsatz des § 5 GEG bei der Konzeption der neuen GEG-Bestimmungen (insb. der §§ 71 bis 71o GEG, in denen es um den Austausch von fossilen Heizungen geht) berücksichtigt? 1 Mehr Fortschritt wagen, Koalitionsvertrag, Berlin 2021; abrufbar unter://www.bundesregierung.de/resource/blob/974430/1990812/1f422c60505b6a88f8f3b3b5b8720 bd4/2021-12-10-koav2021-data.pdf?download=1 (12.08.2023). 2 Bundesregierung, Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gebäudeenergiegesetzes, zur Änderung der Heizkostenverordnung und zur Änderung der Kehr- und Überprüfungsordnung (BT-Drs. 20/6875). 3 Dt. Bundestag, Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Klimaschutz und Energie vom 05.07.2023 (BT-Drs. 20/7619). 4 Siehe den Entschließungsantrag des Bundestages, dokumentiert in BT-Drs. 20/7619, S. 5 ff. 5 Siehe den Beratungsverlauf im Bundestag unter: https://dip.bundestag.de/vorgang/gesetz-zur- %C3%A4nderung-des-geb%C3%A4udeenergiegesetzes-zur-%C3%A4nderung-des-b%C3%BCrgerlichen- gesetzbuches/298723?term=20/6875&rows=25&pos=2 sowie im Bundesrat unter: https://www.bundesrat.de/SharedDocs/beratungsvorgaenge/2023/0101- 0200/0170-23.html?cms_templateQueryString=Suchbegriff&cms_fromSearch=true https://dip.bundestag.de/vorgang/gesetz-zur-%C3%A4nderung-des-geb%C3%A4udeenergiegesetzes-zur-%C3%A4nderung-des-b%C3%BCrgerlichen-gesetzbuches/298723?term=20/6875&rows=25&pos=2 https://dip.bundestag.de/vorgang/gesetz-zur-%C3%A4nderung-des-geb%C3%A4udeenergiegesetzes-zur-%C3%A4nderung-des-b%C3%BCrgerlichen-gesetzbuches/298723?term=20/6875&rows=25&pos=2 https://dip.bundestag.de/vorgang/gesetz-zur-%C3%A4nderung-des-geb%C3%A4udeenergiegesetzes-zur-%C3%A4nderung-des-b%C3%BCrgerlichen-gesetzbuches/298723?term=20/6875&rows=25&pos=2 https://www.bundesrat.de/SharedDocs/beratungsvorgaenge/2023/0101-0200/0170-23.html?cms_templateQueryString=Suchbegriff&cms_fromSearch=true https://www.bundesrat.de/SharedDocs/beratungsvorgaenge/2023/0101-0200/0170-23.html?cms_templateQueryString=Suchbegriff&cms_fromSearch=true https://www.bundesregierung.de/resource/blob/974430/1990812/1f422c60505b6a88f8f3b3b5b8720bd4/2021-12-10-koav2021-data.pdf?download=1 3 ► Inwieweit finden Aspekte der Wirtschaftlichkeit in einzelnen neuen oder geänderten Vorschriften des Gesetzes Niederschlag? Wie sind die betreffenden Änderungen auszulegen? ► Welche Änderungen sind am Befreiungstatbestand (§ 102 GEG) vorgesehen, wie sind diese auszulegen und welche Auswirkungen sind für die Anwendungspraxis zu erwarten? 4 2 Überblick über die relevanten Bestimmungen im bisherigen GEG Die Wirtschaftlichkeit der Anforderungen und Pflichten im Hinblick auf die Gebäudeenergie wird im Gebäudeenergiegesetz (GEG)6 an mehreren Stellen angesprochen.7 Schon in der Zweckbestimmung des GEG werden die Regelungen einem „Wirtschaftlichkeitsgrundsatz“ unterstellt. Was unter dem „Grundsatz der Wirtschaftlichkeit“ zu verstehen sein soll, umschreibt der den konkreten gesetzlichen Anforderungen vorangestellte § 5 GEG in seiner aktuellen Fassung wie folgt: „§ 5 Grundsatz der Wirtschaftlichkeit Die Anforderungen und Pflichten, die in diesem Gesetz oder in den auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen aufgestellt werden, müssen nach dem Stand der Technik erfüllbar sowie für Gebäude gleicher Art und Nutzung und für Anlagen oder Einrichtungen wirtschaftlich vertretbar sein. Anforderungen und Pflichten gelten als wirtschaftlich vertretbar, wenn generell die erforderlichen Aufwendungen innerhalb der üblichen Nutzungsdauer durch die eintretenden Einsparungen erwirtschaftet werden können. Bei bestehenden Gebäuden, Anlagen und Einrichtungen ist die noch zu erwartende Nutzungsdauer zu berücksichtigen.“ In der Funktion eines gesetzesleitenden Obersatzes kann aus dem „Grundsatz“ abgeleitet werden, dass die Anforderungen des Gesetzes an der Wirtschaftlichkeit in dem bezeichneten Sinne orientiert sein sollen. Es handelt sich der Sache nach also um eine Art Selbstverpflichtung des Gesetzgebers, von dem er bei Vorliegen tragfähiger Gründe auch abweichen kann.8 Das GEG knüpft insoweit an die Regelungen des zuvor geltenden § 5 Absatz 1 des Energieeinspargesetzes (EnEG)9 an. Dieser richtete sich an den Verordnungsgeber (insbesondere) der Energieeinsparverordnung (EnEV)10 und hatte folgenden Wortlaut: „(1) 1Die in den Rechtsverordnungen nach den §§ 1 bis 4 aufgestellten Anforderungen müssen nach dem Stand der Technik erfüllbar und für Gebäude gleicher Art und Nutzung wirtschaftlich vertretbar sein. 2Anforderungen gelten als wirtschaftlich vertretbar, wenn generell die erforderlichen Aufwendungen innerhalb der üblichen Nutzungsdauer durch die eintretenden Einsparungen erwirtschaftet werden können. 3Bei bestehenden Gebäuden ist die noch zu erwartende Nutzungsdauer zu berücksichtigen.“ Für die Ebene der Einzelfallanwendung enthält das Gesetz in § 102 Abs. 1 GEG („Befreiungen“) eine Bestimmung, aus der sich ergibt, dass von den Anforderungen aus Gründen mangelnder Wirtschaftlichkeit unter bestimmten Voraussetzungen auf Antrag zu befreien ist. Der entscheidende erste Absatz von § 102 GEG lautet in seiner bisherigen Fassung: „§ 102 Befreiungen (1) Die nach Landesrecht zuständigen Behörden haben auf Antrag des Eigentümers oder Bauherren von den Anforderungen dieses Gesetzes zu befreien, soweit 6 Gesetz vom 8.8.2020 (BGBl. I 1728). 7 Siehe zum Ganzen eingehenden Klinski, in: Hutter u.a., Kühle Gebäude im Sommer, in: UBA Climate Change 14/2022, S. 241 ff. 8 Eingehend Klinski, in: Hutter u.a., Kühle Gebäude im Sommer, in: UBA Climate Change 14/2022, S. 244 ff. 9 Ursprungsfassung v. 22.7.1976 (BGBl. I 1976 S. 1873). Letzte Fassung: Gesetz v. 1.9.2005 (BGBl. I 2684), zul. geänd. 4.7.2013 (BGBl. I S. 2197). 10 Ursprungsfassung v. 16.11.2001 (BGBl. I S. 3085). Letzte Fassung: Verordnung v. 24.7.2007 (BGBl. I S. 1519), zul. geänd. 19.7.2020 (BGBl. I S. 1328). 5 1. die Ziele dieses Gesetzes durch andere als in diesem Gesetz vorgesehene Maßnahmen im gleichen Umfang erreicht werden, 2. die Anforderungen im Einzelfall wegen besonderer Umstände durch einen unangemessenen Aufwand oder in sonstiger Weise zu einer unbilligen Härte führen. Eine unbillige Härte liegt insbesondere vor, wenn die erforderlichen Aufwendungen innerhalb der üblichen Nutzungsdauer, bei Anforderungen an bestehende Gebäude innerhalb angemessener Frist durch die eintretenden Einsparungen nicht erwirtschaftet werden können.“ Auch diese Vorschrift entspricht in ihren Kernformulierungen dem früheren Energieeinsparrecht, und zwar konkret § 25 EnEV. Die dortige Vorschrift lautete: „(1) Die nach Landesrecht zuständigen Behörden haben auf Antrag von den Anforderungen dieser Verordnung zu befreien, soweit die Anforderungen im Einzelfall wegen besonderer Umstände durch einen unangemessenen Aufwand oder in sonstiger Weise zu einer unbilligen Härte führen. Eine unbillige Härte liegt insbesondere vor, wenn die erforderlichen Aufwendungen innerhalb der üblichen Nutzungsdauer, bei Anforderungen an bestehende Gebäude innerhalb angemessener Frist durch die eintretenden Einsparungen nicht erwirtschaftet werden können.“ Abgesehen davon gibt es im GEG einzelne Vorschriften, für die ausdrücklich bestimmt ist, dass von den jeweiligen Anforderungen abzusehen ist, soweit die für eine Nachrüstung erforderlichen Aufwendungen durch die eintretenden Einsparungen nicht innerhalb angemessener Frist erwirtschaftet werden können (siehe zum sommerlichen Wärmeschutz § 14 Absatz 4 GEG, zu bestimmten Nachrüst- bzw. Dämmanforderungen § 47 Absatz 4 GEG sowie § 71 Absatz 2 GEG). Soweit diese Klauseln greifen, bedarf es keines Befreiungsantrags nach § 102 GEG. Die Freistellung erfolgt bereits unmittelbar kraft Gesetzes. 6 3 Überblick über den Gesetzentwurf zur Änderung des GEG 3.1 Vorgaben aus Anlass des Einbaus/der Aufstellung von Heizanlagen Im Mittelpunkt des Gesetzentwurfs zur Änderung des Gebäudeenergiegesetzes (und einiger anderer Vorschriften) stehen neue Bestimmungen, nach denen Heizungen grundsätzlich nur eingebaut oder aufgestellt werden dürfen, wenn mindestens 65 Prozent der mit der Anlage bereitgestellten Wärme mit erneuerbaren Energien oder unvermeidbarer Abwärme erzeugt werden (siehe § 71 Absatz 1 Satz 1, sowohl GE-A als auch GE-B). Diese Anforderung gilt nach Maßgabe von Absatz 3 der Vorschrift als erfüllt, wenn eine der dort genannten Optionen für die Art der Beheizung gewählt wird; zu diesen werden in den nachfolgenden §§ 71b bis 71h jeweils bestimmte technische Anforderungen vorgegeben. Zwischen den sich daraus ergebenden Optionen besteht ein Wahlrecht (siehe § 71 Absatz 2).11 Die verschiedenen gleichwertigen Alternativen sind nach § 71 Absatz 3 GE-B (mit einzelnen Änderungen gegenüber der Fassung des GE-A):12 1. Anschluss an ein Wärmenetz nach Maßgabe des § 71b, 2. Nutzung einer elektrisch angetriebenen Wärmepumpe nach Maßgabe des § 71c, 3. Stromdirektheizung nach Maßgabe des § 71d, 4. solarthermische Anlage nach Maßgabe des § 71e, 5. Heizungsanlage zur Nutzung von Biomasse oder grünem oder blauem Wasserstoff einschließlich daraus hergestellter Derivate nach Maßgabe der §§ 71f und 71g oder 6. Wärmepumpen-Hybridheizung aus einer elektrisch angetriebenen Wärmepumpe in Kombination mit einer Gas-, Biomasse- oder Flüssigbrennstofffeuerung nach Maßgabe des § 71h, 7. Solarthermie-Hybridheizung bestehend aus einer solarthermischen Anlage nach Maßgabe der §§ 71e und 71h Absatz 2 in Kombination mit einer Gas-, Biomasse- oder Flüssigbrennstofffeuerung nach Maßgabe des § 71h Absatz 4. Der Anwendungsbereich der neu vorgesehenen §§ 71 ff. GEG richtet sich grundsätzlich auf Einbau und Aufstellung sowohl in Neubauten als auch in Bestandsgebäuden. Eine Verpflichtung zum Austausch von vorhandenen, noch in Betrieb befindlichen Heizungen ist nicht (und war zu keinem Zeitpunkt) vorgesehen. Erfasst sind nur Fallgestaltungen, in denen der Anlass zum Einbau oder zur Aufstellung ohnehin besteht, weil es entweder um eine bisher nicht vorhandene Anlage (d.h. für den Einsatz in neuen Gebäuden/Räumlichkeiten) oder um den planmäßigen oder den notwendigen Ersatz einer vorhandenen Anlage geht. Während der neu vorgesehene § 71 GEG nach dem ursprünglich in den Bundestag eingebrachten Gesetzentwurf (GE-A) grundsätzlich ab 1. Januar 2024 gelten sollte, ist nach dem Gesetzentwurf in Gestalt der Fassung der Beschlussempfehlung im Bundestag (GE-B) nunmehr vorgesehen, den Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Verpflichtung speziell für den Anwendungsbereich bestehender Gebäude an das Vorhandensein eines nach Maßgabe des (zur Zeit in der Vorbereitung befindlichen, bisher nur im Entwurf vorliegenden) Gesetzes zur Wärmeplanung erstellten lokalen Wärmeplans zu koppeln (siehe im Einzelnen § 71 Absatz 8 GE-B). Je nach Größe der betreffenden Gemeinde soll dies nach der Vorschrift entweder bis 30. Juni 2026 (in Gemeinden ab 100.000 Einwohnern) oder bis 30. Juni 2028 (in kleineren 11 Eingehend zum Ganzen die Begründung zum GE-A in BT-Drs. 20/6875, S. 106 ff.; siehe auch die Begründung der Änderungen im Rahmen des GE-B in BT-Drs. 20/7619, S. 90 ff. 12 Siehe zum Vergleich der beiden Fassungen die Gegenüberstellung der Texte in BT-Drs. 20/7619, S. 31- 46; ferner dort die Begründung zu den Änderungen auf S. 90 f. 7 Gemeinden) der Fall sein; soweit bis zu diesen Zeitpunkten keine Wärmeplanung vorliegt, sollen Einzelfälle so behandelt werden, als ob die Wärmepläne vorliegen würde.13 Praktisch ergibt sich daraus eine Verschiebung des Wirksamwerdens des neu vorgesehenen § 71 Abs. 1 GEG für den Anwendungsbereich der bestehenden Gebäude in Abhängigkeit von der jeweiligen Gemeindegröße auf Mitte 2026 oder auf Mitte 2028. Diese Regelungen sollten gemäß § 71 Absatz 10 GE-B entsprechend für Neubauten gelten, sofern es sich um bestimmte Fälle von Baulückenschließung handelt. Hiervon abgesehen bleibt es für alle übrigen Neubaufälle (und nur für diese!) bei dem ursprünglich vorgesehenen Zeitpunkt des Wirksamwerdens des neu vorgesehenen § 71 Absatz 1 GEG zum 1. Januar 2024. Ergänzende Regelungen dazu treffen die Absätze 9 bis 12 des § 71 GE-B:14 ► In den Absätzen 9 und 11 geht es um Fallgestaltungen, in denen neue mit gasförmigen oder flüssigen Brennstoffen beschickte Heizungen nach dem Inkrafttreten der Gesetzesänderungen, aber noch vor den genannten Zeitpunkten als Ersatzanlagen (siehe Absatz 9) oder in bestimmten Neubauten (siehe Absatz 10) eingebaut/ aufgestellt werden. In diesen Fällen müssen jeweils ab bestimmten in der Zukunft liegenden Zeitpunkten bestimmte Mindestanteile biogener Brennstoffe oder grünen oder blauen Wasserstoffs eingehalten werden. ► Nach Absatz 11 der vorgesehenen Vorschrift wird für beabsichtigte Fälle des Einbaus/ der Aufstellung von mit festen, flüssigen oder gasförmigen Brennstoffen betriebenen Heizanlagen außerdem eine Beratungspflicht eingeführt, in der auf die Möglichkeit der Unwirtschaftlichkeit auf Grund künftiger Preissteigerungen für die Brennstoffe hingewiesen wird. ► Nach Maßgabe von Absatz 12 gelten die Anforderungen nicht für Fälle des Vertragsschlusses vor dem 19 April 2023. In bestimmten speziellen Vorschriften sind Übergangsregelungen für besondere Fallsituationen vorgesehen, bei denen sich spezifische Probleme oder Herausforderungen für die Pflichtumsetzung ergeben können. Durch diese Bestimmungen, die in der Fassung des GE-B gegenüber dem GE-A teils wesentlich geändert wurden, werden die sich aus dem vorgesehenen § 71 GEG ergebenden Pflichten ggf. eingeschränkt:15 ► § 71i GE-B: Da von dem vorgesehenen § 71 Absatz 1 GEG im Austauschfalle auch Havarien eingeschlossen sind und bei diesen ein sofortiger Systemwechsel oft nicht möglich ist, war zunächst vorgesehen, hierfür eine spezielle Übergangsfrist zu schaffen, nach der für einen Zeitraum von drei Jahren eine nicht den Anforderungen entsprechende Heizung eingebaut/aufgestellt und betrieben werden können sollte (siehe § 71i GE-A). Diese Fristregelung wurde im GE-B zum einen auf fünf Jahre erweitert, zum anderen aber sehr viel weitergehend auf alle Fälle des Heizungsaustauschs ausgedehnt. ► § 71j GE-B: Nach Maßgabe dieser Bestimmung soll eine den Anforderungen des neuen § 71 Absatz 1 GEG nicht genügende Heizungsanlage eingebaut/ aufgestellt werden und bis zum Anschluss an ein Wärmenetz betrieben werden können, wenn es eine verbindliche 13 Siehe dazu im Einzelnen die Begründung in BT-Drs. 20/7619, S. 91 f. 14 Siehe dazu im Einzelnen die Begründung in BT-Drs. 20/7619, S. 92. 15 Siehe zu den einzelnen Vorschriften die jeweiligen Begründungen in BT-Drs. 20/7619, S. 93-96. 8 vertragliche Vereinbarung über den Anschluss an ein Wärmenetz gibt, für das bestimmte Anforderungen an einen künftigen Betrieb unter Nutzung von erneuerbaren Energien (EE) erfüllt werden. ► § 71k GE-B: Diese Vorschrift bestimmt mit näheren Maßgaben, dass eine zum vollständigen Betrieb mit Wasserstoff geeignete Erdgasheizanlage („Wasserstoff-ready“) abweichend von dem neuen § 71 GEG in Betriebs genommen werden darf, wenn der Netzbetreiber einen von der Bundesnetzagentur akzeptierten Fahrplan zur Umstellung verfolgt. ► § 71l GE-B: Diese Vorschrift enthält spezielle Übergangsregelungen für Fälle, in denen Etagenheizungen oder Einzelraumheizungen betrieben werden. Sie läuft unter verschiedenen Voraussetzungen darauf hinaus, dass die Einhaltung der Pflicht aus dem neuen § 71 Absatz 1 GEG zunächst fünf und bei Umstellung auf Zentralheizung um weitere acht Jahre hinausgeschoben wird. Soll nicht auf eine zentrale Beheizung umgestellt werden, so müssen ab diesem Zeitpunkt für jede einzelne Anlage die Anforderungen des neuen § 71 GEG erfüllt werden. ► § 71m GE-B: Diese Bestimmung sieht vor, dass bei Gebäuden mit dezentralen Gebläse- oder Strahlungsheizungen unter bestimmten Voraussetzungen ein Austausch einzelner dieser Anlagen noch für einen Zeitraum von bis zu 10 Jahre nach dem Austausch der ersten dieser Heizaggregate ohne Einhaltung der Pflichten aus §dem neuen § 71 GEG möglich sein soll. Darüber hinaus enthält der Gesetzentwurf einige zusätzliche Begleitregelungen für den Bereich der Mietwohngebäude, die sich aus den Blickwinkeln einerseits der Vermietenden und andererseits der Mietenden auf die Wirtschaftlichkeit bzw. die wirtschaftliche Zumutbarkeit und gesellschaftlich auf die Sozialverträglichkeit der Neuregelungen auswirken: ► § 71o GE-B sieht unter der Überschrift „Mieterschutz“ vor, dass bei einem vermieteten Gebäude, welches über eine Wärmepumpe versorgt wird, die Investitionskosten nur nach Maßgabe der einschlägigen mietrechtlichen Vorschriften zur sog. Modernisierungsumlage umgelegt werden können, wenn der Nachweis erbracht wird, dass die Jahresarbeitszahl der Wärmepumpe über 2,5 liegt.16 ► In einem gesonderten Artikel 2 sieht der GE-B außerdem Änderungen des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) zur Umlegbarkeit im Rahmen der Modernisierungsumlage vor. Insbesondere soll ein neuer § 559e BGB geschaffen werden, nach dem (mit näheren Maßgaben) bei Einbau oder Aufstellung einer Heizungsanlage nach § 71 GEG im Falle der Inanspruchnahme von öffentlichen Fördermitteln eine zusätzliche Umlagemöglichkeit geschaffen werden soll, bei jährlich bis zu 10 % der nach Abzug der Förderkosten verbliebenen Investitionskosten umgelegt werden können sollen. Die bisherige Modernisierungsumlage nach §§ 559 oder 559c BGB (ohne Inanspruchnahme von Fördermitteln) soll alternativ dazu ebenfalls gewählt werden können. In beiden Fällen soll sich die monatliche Miete um nicht mehr 0,50 Euro je Quadratmeter erhöhen dürfen.17 16 Siehe zur Fassung des GE-A die Begründung in BT-Drs. 20/6875, S. 133-136, zum GE-B BT-Drs. 20/7619, S. 58 f. mit Begründung auf S. 96 f. 17 Siehe zum GE-B BT-Drs. 20/7619, S. 54-76 mit Begründung auf S. 97 f. 9 3.2 Änderungen im Befreiungstatbestand Für den hiesigen Kontext sind darüber hinaus insbesondere die vorgesehenen Änderungen am Befreiungstatbestand des § 102 GEG von Bedeutung. § 102 Absatz 1 GEG soll mit den nunmehr (im BE-B) vorgesehenen Änderungen wie folgt lauten (siehe zum Vergleich den oben unter 2. wiedergegebenen Wortlaut der bisherigen Fassung, vorgesehene Änderungen unterstrichen):18 „§ 102 Befreiungen (1) Die nach Landesrecht zuständigen Behörden haben auf Antrag des Eigentümers oder Bauherren von den Anforderungen dieses Gesetzes zu befreien, soweit 1. die Ziele dieses Gesetzes durch andere als in diesem Gesetz vorgesehene Maßnahmen im gleichen Umfang erreicht werden, 2. die Anforderungen im Einzelfall wegen besonderer Umstände durch einen unangemessenen Aufwand oder in sonstiger Weise zu einer unbilligen Härte führen. Eine unbillige Härte liegt insbesondere vor, wenn die erforderlichen Aufwendungen innerhalb der üblichen Nutzungsdauer, bei Anforderungen an bestehende Gebäude innerhalb angemessener Frist durch die eintretenden Einsparungen nicht erwirtschaftet werden können, das heißt, wenn die notwendigen Investitionen nicht in einem angemessenen Verhältnis zum Ertrag stehen. Eine unbillige Härte liegt auch vor, wenn die notwendigen Investitionen nicht in einem angemessenen Verhältnis zum Wert des Gebäudes stehen. Hierbei sind unter Berücksichtigung des Ziels dieses Gesetzes die zur Erreichung dieses Ziels erwartbaren Preisentwicklungen für Energie einschließlich der Preise für Treibhausgase nach dem europäischen und dem nationalen Emissionshandel zu berücksichtigen. Eine unbillige Härte liegt auch vor, wenn aufgrund besonderer persönlicher Umstände, die Erfüllung der Anforderungen des Gesetzes nicht zumutbar ist.“ Hinzugefügt werden soll außerdem ein neuer Absatz 5 mit folgendem Wortlaut:19 „(5) Die nach Landesrecht zuständigen Behörden haben einem Eigentümer, der zum Zeitpunkt der Antragsstellung seit mindestens sechs Monaten ununterbrochen einkommensabhängige Sozialleistungen bezogen hat, auf Antrag von den Anforderungen des § 71 Absatz 1 zu befreien. Die Befreiung erlischt nach Ablauf von zwölf Monaten, wenn nicht in dieser Zeit eine andere Heizungsanlage eingebaut wurde. Die Sätze 1 und 2 sind entsprechend für Personen anzuwenden, die aufgrund schuldrechtlicher oder dinglicher Vereinbarungen anstelle des Eigentümers zum Austausch der Heizungsanlage verpflichtet sind.“ 3.3 Sonstige im hiesigen Kontext relevante Änderungen des GEG In den allgemeinen Vorschriften des GEG wird auf die Wirtschaftlichkeit an zwei Stellen ausdrücklich eingegangen. Im Hinblick auf diese Bestimmungen ergeben sich nur unwesentliche Änderungen: ► Zum einen in der Zweckbestimmung des § 1, zum anderen in § 5, wo der Wirtschaftlichkeitsgrundsatz aufgestellt wird (siehe oben, unter 4). Im Zuge der Novelle ist beabsichtigt, § 5 GEG unverändert beizubehalten. ► In § 1 GEG soll es eine Einfügung geben, nach der die jeweils verlangten Maßnahmen neben „wirtschaftlich“ auch „sozialverträglich“ und „effizienzsteigernd“ sein sollen. 18 Siehe zur Begründung BT-Drs. 20/7619, S. 96. 19 Siehe zur Begründung BT-Drs. 20/7619, S. 96 f. 10 Relevant sind im vorliegenden Kontext darüber hinaus einige Bestimmungen des GEG zu konkreten Einzelanforderungen, für die das Gesetz spezielle, den § 102 GEG verdrängende Regelungen zur Berücksichtigung der Wirtschaftlichkeit enthält: ► Der bereits bestehende § 14 Absatz 4 GEG enthält eine eigenständige Regelung zur Berücksichtigung der Wirtschaftlichkeit hinsichtlich der Anforderungen zum sommerlichen Wärmeschutz. Die Regelung ist so zu verstehen, dass die von § 14 Absatz 1 GEG an sich vorgesehene Verpflichtung zu baulichen Maßnahmen zur Reduzierung der Sonneneinträge entfällt, sofern das Gebäude über eine Kühlungsanlage verfügt und sich der Mehraufwand zusätzlicher baulicher Maßnahmen zur Reduzierung des Sonneneintrags im Laufe der Nutzungsdauer nicht erwirtschaften lässt.20 Einer Befreiung nach § 102 GEG bedarf es insoweit nicht, da die Verpflichtung zu baulichen Sonnenschutzmaßnahmen ggf. bereits kraft Gesetzes entfällt.21 Die Bestimmung soll im Zuge der aktuellen GEG-Reform nicht geändert werden. ► Eine Änderung des GEG sieht der GEG-B demgegenüber für den bereits existierenden § 47 Absatz 4 GEG vor. Darin geht es um das Entfallen der Verpflichtung zur nachträglichen Dämmung der obersten Geschossdecken (siehe $ 47 Absatz 1 GEG). Die betreffende Freistellung, nach der die Verpflichtung entfallen soll, „soweit die für eine Nachrüstung erforderlichen Aufwendungen durch die eintretenden Einsparungen nicht innerhalb angemessener Frist erwirtschaftet werden können“, soll nun nur noch Anwendung finden „bei Wohngebäuden mit nicht mehr als zwei Wohnungen, von denen der Eigentümer eine Wohnung selbst bewohnt“ (siehe die Änderung zu § 47 Absatz 4 im GE-A22, die im GE-B unverändert übernommen worden ist).23 Die Änderung führt dazu, dass in den nunmehr nicht mehr erfassten Fällen § 102 GEG zur Anwendung kommt. Innerhalb der speziellen Vorschriften soll das GEG ergänzend zu den Bestimmungen über neu eingebaute bzw. aufgestellte Heizanlagen künftig auch bestimmte Vorgaben zur Prüfung und Optimierung von Heizanlagen enthalten (siehe für Wärmepumpen § 60a, für ältere Heizanlagen [generell] § 60b und speziell für den hydraulischen Abgleich und ergänzende Optimierungsmaßnahmen § 60c – einerseits in der Fassung des GE-A und andererseits der in Einzelheiten veränderten Fassung des GE-B).24 Auch für diese Bestimmungen gilt, dass insoweit § 102 GEG zur Anwendung kommt. Die im GE-A noch enthaltene weitere Verpflichtung zum Austausch ineffizienter Umwälzpumpen (siehe § 64 Absatz 2 bis 6 GE-A) wurde in der Fassung der Beschlussempfehlung hingegen komplett fallen gelassen,25 so dass auf diese hier nicht näher eingegangen werden muss. 20 Eingehend Klinski, in: Hutter u.a., Kühle Gebäude im Sommer, in: UBA Climate Change 14/2022, S. 257 ff. 21 Klinski, in: Hutter u.a., Kühle Gebäude im Sommer, in: UBA Climate Change 14/2022, S. 259 f. 22 Siehe BT-Drs. 20/6875, S. 19. 23 Siehe BT-Drs. 20/7619, S. 22. 24 Siehe dazu die Gegenüberstellung in BT-Drs. 20/7619, S. 23-29. 25 Siehe BT-Drs. 20/7619, S. 29 f. 11 4 Zur Berücksichtigung der Wirtschaftlichkeit in der Gesetzesnovelle zum GEG 4.1 Berücksichtigung des allgemeinen Wirtschaftlichkeitsgrundsatzes (§ 5 GEG) bei der Gesetzeskonzeption und den „Heizungsregelungen“ Der allgemeine Wirtschaftlichkeitsgrundsatz soll, wie bereits erwähnt, im Zuge der Gesetzesnovelle unverändert bleiben. Das federführend zuständige Ministerium (BMWK) hat im Vorfeld der Novelle begleitende Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen durchführen lassen, so dass davon auszugehen ist, dass sich das BMWK selbst an den Wirtschaftlichkeitsgrundsatz im Sinne von § 5 GEG gebunden fühlte und beabsichtigte, die Konzeption des Gesetzes am Wirtschaftlichkeitsgrundsatz auszurichten. In der amtlichen Begründung des Gesetzentwurfs wird dementsprechend an mehreren Stellen auf Wirtschaftlichkeitserwägungen unter Bezugnahme auf die betreffenden wissenschaftlichen Untersuchungen hingewiesen.26 In dem zentralen wissenschaftlichen Begleitgutachten27 werden sowohl die verschiedenen Optionen für die Wärmeversorgung (dezentrale Heizanlagen verschiedener Art, außerdem netzgebundene Versorgung) als auch die erwogenen Vorgaben zur Prüfung und Optimierung von Heizanlagen daraufhin betrachtet, ob sich die jeweils erforderlichen Aufwendungen innerhalb der üblichen Nutzungsdauer durch die eintretenden Einsparungen erwirtschaften lassen. Grundsätzlich kann auf Grund der Erkenntnisse dieser Untersuchungen davon ausgegangen werden, dass das für die betrachteten, typisiert ausgewählten Anwendungsfälle der Fall ist.28 Verglichen wurde dabei hinsichtlich der verschiedenen Möglichkeiten der Beheizung als Referenzfall mit der Alternative eines neuen fossil betriebenen Gas- Brennwertkessels. Bei diesem ergeben sich wegen der zu erwartenden steigenden CO2-Kosten für das fossile Gas in den meisten Vergleichsfällen erheblich höhere Gesamtkosten als mit den betrachteten, auf EE basierenden Handlungsalternativen.29 Durch die nach der Gesetzeskonzeption gegebenen Wahloptionen besteht für die jeweils Betroffenen die Möglichkeit, die Wahl unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu optimieren. Dadurch dürfte (erst recht) sichergestellt sein, dass dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit (im Sinne des § 5 GEG) Genüge getan ist, zumal für die ggf. besonders schwierigen Fälle der Umstellung der Wärmeversorgung spezifische Sonderregelungen mit längeren Übergangsfristen vorgesehen waren (namentlich für Fälle von Heizungshavarien, Hallenheizungen, Etagenheizungen), die im Rahmen des GE-B noch einmal ausgeweitet wurden. Insoweit ist allerdings darauf hinzuweisen, dass für einige der im GE-B zusätzlich verankerten Erfüllungsoptionen – insbesondere für die auf dem Einsatz von Wasserstoff oder Wasserstoffderivaten beruhenden Optionen – nicht davon ausgegangen werden kann, dass diese gegenüber den Basisoptionen des Gesetzentwurfs zu wirtschaftlicheren Lösungen führen würden – ganz im Gegenteil, da sich ein wirtschaftlicher Einsatz entsprechender Techniken bislang (überhaupt noch) nicht absehen lässt. 26 Siehe BT-Drs. 20/6875, eingehend im Abschnitt zum Erfüllungsaufwand auf S. 73 ff., darüber hinaus auf S. 3 und S. 156. 27 Pehnt, M.; Mellwig, P.; Lambrecht, K.; Winiewska, B.; Oschatz, B.; Mailach, B.; Keimeyer, F.; Braungardt, S.; Köhler, B.; Kahl, H.: Heizen mit 65 % erneuerbaren Energien – Begleitende Analysen zur Ausgestaltung der Regelung aus dem Koalitionsvertrag 2021, Gutachten vom 03.04.2023; abrufbar unter: https://www.bmwsb.bund.de/SharedDocs/downloads/Webs/BMWSB/DE/veroeffentlichungen/bauen/k onzeptpapier-65-prozent-ee.pdf?__blob=publicationFile&v=5 (12.08.2023). 28 Zum Ganzen eingehend Pehnt u.a., ebenda S. 44 ff. 29 Weiterführend Pehnt u.a., ebenda S. 44 ff. https://www.bmwsb.bund.de/SharedDocs/downloads/Webs/BMWSB/DE/veroeffentlichungen/bauen/konzeptpapier-65-prozent-ee.pdf?__blob=publicationFile&v=5 https://www.bmwsb.bund.de/SharedDocs/downloads/Webs/BMWSB/DE/veroeffentlichungen/bauen/konzeptpapier-65-prozent-ee.pdf?__blob=publicationFile&v=5 12 Auch für die zahlreichen Abmilderungen der Pflichten, insbesondere für das spätere Wirksamwerden der Kernpflicht aus dem neuen § 71 GEG nach dessen im GE-B zusätzlich verankerten Absätzen 8 bis 10 kann nicht in Anspruch genommen werden, dass sie aus Gründen der Wirtschaftlichkeit geboten wären oder erkennbare Vorteile brächten, denn es ist damit zu rechnen, dass der Einbau bzw. die Aufstellung von neuen fossil betriebenen Heizanlagen über die üblichen Nutzungsdauern im Vergleich zu den Erfüllungsoptionen des vorgesehenen § 71 Absatz 1 GEG eher mit (u. U. deutlich) höheren Gesamtkosten verbunden ist. Mit dem Wirtschaftlichkeitsgrundsatz lassen sich diese in der Öffentlichkeit als Abmilderungen diskutierten zusätzlichen Regelungen nicht begründen – eher mit der Absicht, auf anderweitige Vorbehalte Rücksicht nehmen zu wollen. Diese können einerseits im Bereich nicht oder nicht unmittelbar wirtschaftlicher Motive liegen – etwa in sozialen Umständen wie dem Alter der Adressierten, in Befürchtungen der Belastung durch bauliche Arbeiten oder in Ängsten vor unbekannten Techniken. Sie können aber auch insoweit wirtschaftlich motiviert sein, als die Betroffenen ungeachtet der Amortisierbarkeit, auf die es nach dem Wirtschaftlichkeitsgrundsatz ankommt, über das nötige Geld für die Investitionen schlicht nicht verfügen und/oder sie keinen Zugang zu den nötigen Krediten haben. Deshalb fordert der Bundestag die Bundesregierung in seiner begleitenden Entschließung zur Beschlussempfehlung zum GEG-Änderungsentwurf dazu auf, auf bestimmte Weise gestaltete Förderprogramme aufzusetzen.30 Um die Umsetzung des (als Amortisierbarkeitsgebot zu verstehenden) Wirtschaftlichkeitsgebots geht es dabei nicht. Dafür wären die Änderungen des GE-B gegenüber dem GE-A hinsichtlich der verschiedenen Optionen der Wärmeversorgung nicht erforderlich gewesen. 4.2 Berücksichtigung der Wirtschaftlichkeit im Rahmen des Befreiungstat- bestands (§ 102 GEG) Der GE-B hält an dem schon bisher bestehenden (2019 in das GEG unter gewissen Modifizierungen aus § 25 der früheren EnEV überführten) Befreiungsanspruch nach § 102 Absatz 1 GEG im Grundsatz fest. Er fügt dem jedoch in drei anschließenden weiteren Sätzen des ersten Absatzes einige Ergänzungen hinzu. Außerdem soll ein fünfter Absatz hinzugefügt werden, der einen besonderen eigenständigen Härtefall regelt (siehe bereits oben unter 3.2). Für die betreffenden Änderungen ist hier im Einzelnen zu klären, welcher Bedeutungsgehalt ihnen zukommt. Dazu bedarf es einer sorgfältigen Prüfung, für die der Wortlaut genauer in den Blick genommen werden muss. Deshalb soll hier in aufgeschlüsselter Weise jeweils zunächst der Wortlaut wiedergegeben und dann analysiert werden. Dabei ist sinnvollerweise zu trennen zwischen den Änderungen von Absatz 1 und dem neu hinzukommenden Absatz 5. 4.2.1 Die vorgesehenen Änderungen in § 102 Absatz 1 GEG Die bisherige Vorschrift lautet mit ihren beiden Sätzen wie folgt: „(1) 1Die nach Landesrecht zuständigen Behörden haben auf Antrag des Eigentümers oder Bauherren von den Anforderungen dieses Gesetzes zu befreien, soweit 1. die Ziele dieses Gesetzes durch andere als in diesem Gesetz vorgesehene Maßnahmen im gleichen Umfang erreicht werden, 2. die Anforderungen im Einzelfall wegen besonderer Umstände durch einen unangemessenen Aufwand oder in sonstiger Weise zu einer unbilligen Härte führen. 2Eine unbillige Härte liegt insbesondere vor, wenn die erforderlichen Aufwendungen innerhalb der üblichen Nutzungsdauer, bei Anforderungen an bestehende Gebäude innerhalb angemessener Frist durch die eintretenden Einsparungen nicht erwirtschaftet werden können.“ 30 Siehe BT-Drs. 20/7619, S. 6 ff. 13 Daran soll nun unter Ersatz des Punktes am Ende durch ein Komma ergänzt werden: „das heißt, wenn die notwendigen Investitionen nicht in einem angemessenen Verhältnis zum Ertrag stehen. 3Eine unbillige Härte liegt auch vor, wenn die notwendigen Investitionen nicht in einem angemessenen Verhältnis zum Wert des Gebäudes stehen. 4Hierbei sind unter Berücksichtigung des Ziels dieses Gesetzes die zur Erreichung dieses Ziels erwartbaren Preisentwicklungen für Energie einschließlich der Preise für Treibhausgase nach dem europäischen und dem nationalen Emissionshandel zu berücksichtigen. 5Eine unbillige Härte liegt auch vor, wenn aufgrund besonderer persönlicher Umstände, die Erfüllung der Anforderungen des Gesetzes nicht zumutbar ist.“ Die Hinzufügungen betreffen wie schon der bisherige Satz 2 den Anwendungsbereich des § 102 Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 GEG. Es geht konkret um die Anwendung und das Verständnis des dort verwendeten Tatbestandsmerkmals der „unbilligen Härte“, welche im Einzelfall wegen besonderer Umstände eingetreten ist (sein muss/würde). Der zusätzliche Halbsatz zu Satz 2 sowie die neuen Sätze 3 und 4 ergänzen die Aussage des Satzes 2, bei dem es um eine unbillige Härte aus wirtschaftlichen Gründen geht. Demgegenüber spricht der außerdem hinzukommende Satz 5 einen Fall der unbilligen Härte wegen persönlicher Umstände an, für den es nicht auf die Wirtschaftlichkeit der jeweiligen Maßnahme ankommt. 4.2.2 Zum Verständnis von § 102 Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 GEG Um die Bedeutung der neuen Regelungen ermessen zu können, bedarf es zunächst einer Klärung des bisherigen Aussagegehalts von § 102 Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 GEG. Denn dieser bleibt in seinem Wortlaut unangetastet, soll durch die Neuerungen also offenkundig nicht abgewandelt werden. Im Hinblick auf § 102 Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 GEG ist zu beachten, dass sich aus dem Wortlaut der Vorschrift entgegen dem möglicherweise entstehenden Eindruck nicht die schlichte Aussage ergibt, dass eine unbillige Härte stets anzunehmen sei, wenn ein unangemessener Aufwand im Sinne von Satz 2 vorliege (= „wenn die erforderlichen Aufwendungen innerhalb der üblichen Nutzungsdauer, bei Anforderungen an bestehende Gebäude innerhalb angemessener Frist durch die eintretenden Einsparungen nicht erwirtschaftet werden können“). Vielmehr stellt die Vorschrift darauf ab, ob im Einzelfall „besondere Umstände“ vorliegen, die zu der unbilligen Härte führen, die für das Entstehen der unbilligen Härte also kausal sind. Das lässt sich daran erkennen, dass dort darauf abgestellt wird, ob/dass die unbillige Härte „wegen“ besonderer Umstände eingetreten ist). Im ersten Schritt verlangt die Vorschrift demnach das Vorliegen besonderer Umstände im Einzelfall. Nur wenn solche zu bejahen sind, kommt es zum zweiten Prüfungsschritt, für den es dann darauf ankommt, ob die Aufwendungen durch die Einsparungen erwirtschaftet werden können. Die Logik dieses Verständnisses erschließt sich aus dem Verhältnis der Befreiungsvorschrift zum allgemeinen Wirtschaftlichkeitsgebot des § 5 GEG, der aus dem früheren § 5 Absatz 1 EnEG übernommen wurde (siehe oben, Kap. 2). Das allgemeine Wirtschaftlichkeitsgebot wird seit jeher so verstanden, dass der Normgeber mit den von ihm aufgestellten energetischen Anforderungen für die in der Praxis verbreiteten Fallgruppen typisierend sicherzustellen hat, dass diese wirtschaftlich vertretbar sind.31 Abgeleitet wird das aus der Formulierung, die durch Rechtsvorschriften vorgegebenen Anforderungen müssten „für Gebäude gleicher Art und Nutzung“ wirtschaftlich vertretbar sein. Das wiederum ist nach Satz 2 der Fall, wenn „generell die erforderlichen Aufwendungen innerhalb der üblichen Nutzungsdauer durch die eintretenden Einsparungen erwirtschaftet werden können“. Schon in der Gesetzesbegründung zu dem früheren § 5 Abs. 1 EnEG wurde unter Betonung des Umstands, dass es um Maßstäbe für „Gebäude gleicher Art und Nutzung“ gehe, zu erkennen 31 So einheitlich die Kommentarliteratur zum früheren EnEG: Müller-Kuhlmann, in: Theobald, Energierecht (EL 74 04/2012), § 5 EnEG Rn. 12; Frenz/Lülsdorf, EnEG/EnEV (2015), § 5 EnEG Rn. 28. 14 gegeben, dass insoweit typisierende „Fallgruppen“ zu betrachten sein sollen.32 Ähnlich heißt es in der Begründung des Gesetzentwurfs zum GEG, durch den Begriff „generell“ werde „klargestellt, dass sich die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit auf Fallgruppen beziehen kann“.33 Dem folgt für § 5 EnEG auch die Kommentarliteratur.34 Das Gesetz geht also insoweit von einer typisierenden Betrachtungsweise aus, die es nicht erforderlich macht, für jeden einzelnen Anwendungsfall die Wirtschaftlichkeit sicherzustellen.35 Vor diesem Hintergrund geht die bisher vorliegende obergerichtliche Rechtsprechung36 davon aus, dass die Befreiungsvorschrift des § 25 Absatz 1 EnEV (deren Formulierungen von § 102 Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 GEG wortgleich übernommen wurden), entsprechend dem Wortlaut nur dann Anwendung findet, wenn ein von den typisierenden Fallgruppen abweichende „besondere Umstände“ vorliegen, die der jeweilige Antragsteller nicht selbst zu vertreten hat. Wenn keine „besonderen Umstände“ vorliegen (und geltend gemacht werden), ist es folglich nicht möglich, sich darauf zu berufen, dass sich die Aufwendungen nicht durch die zu erwartenden Einsparungen erwirtschaften ließe. Wenn sich die für einen Bau verantwortliche Person beispielsweise entschließt, Bauteile zu wählen, die energetisch besonders ungünstige Werte aufweist und deshalb andere Bauteile besonders teuer ausführen muss, um die rechtlich geforderten Standards insgesamt einhalten zu können, kommt eine Berufung auf die Befreiungsvorschrift nicht in Betracht, weil die für den Bau verantwortliche Person die besonderen verteuernden Umstände selbst zu vertreten hat. Andernfalls ginge das fallgruppenbezogen typisierende Konzept des allgemeinen Wirtschaftlichkeitsgebots ins Leere, weil bei überdurchschnittlich hohen investiven Aufwendungen im Einzelfall doch wieder von den Anforderungen zu befreien wäre. Das OVG Koblenz führt zum Ganzen erhellend aus:37 „Die Befreiung setzt hiernach voraus, dass die Anforderungen der Energieeinsparverordnung im Einzelfall wegen besonderer Umstände durch einen unangemessenen Aufwand oder in sonstiger Weise zu einer unbilligen Härte führen. Eine Befreiung kann hiernach nicht bereits dann erteilt werden, wenn Maßnahmen zur Einhaltung der Energieeinsparverordnung einen unangemessenen Aufwand oder in sonstiger Weise eine unbillige Härte zur Folge haben. Vielmehr setzt dies in Umsetzung des § 5 Abs. 2 EnEG voraus, dass der unangemessene Aufwand oder sonstige Gründe auf im Einzelfall vorliegenden besonderen Umständen beruhen. Dies erfordert aber, dass bei dem Betroffenen entweder besondere subjektive Umstände vorliegen oder eine atypische objektive Sachlage gegeben ist. Dies kann etwa der Fall sein, wenn Topografie, Grundstückszuschnitt, Raumaufteilung und geplante Nutzung Besonderheiten aufweisen, die besonders hohe Aufwendungen erfordern, um die Anforderungen der Energieeinsparverordnung einhalten zu können (vgl. zum Vorstehenden: OVG NRW, Beschluss vom 2. Oktober 2019 - 2 A 1846/19 -, juris, Rn. 10; Frenz/Lülsdorf, Energieeinsparungsgesetz, 2015, § 5, Rn. 44; Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 14. Januar 1976, BT-Drs. 7/4575, S. 12). Dass es insoweit auf die Besonderheiten des Einzelfalls ankommt, wird auch aus der Systematik des Gesetzes ersichtlich. Während § 5 Abs. 1 EnEG bestimmt, dass die in den Rechtsverordnungen zu diesem Gesetz gestellten Anforderungen generell wirtschaftlich vertretbar sein müssen, soll mit der Einräumung einer Befreiungsmöglichkeit nach § 5 Abs. 2 EnEG die Möglichkeit eröffnet werden, auf Besonderheiten des Einzelfalls einzugehen (vgl. Frenz/Lülsdorf, a.a.O., § 5 EnEG, Rn. 45).“ 32 Vgl. BT-Drs. 7/4575, 1 f. 33 BT-Drs. 19/16716, S. 113. 34 Müller-Kuhlmann, in: Theobald, Energierecht (EL 74 04/2012), § 5 EnEG Rn. 12; vgl. auch Frenz/Lülsdorf, EnEG/EnEV (2015), § 5 EnEG Rn. 28. 35 Entsprechend zum Ganzen bereits Klinski, in: Hutter u.a., Kühle Gebäude im Sommer, in: UBA Climate Change 14/2022, S. 248 ff. m.w.N. 36 OVG Münster, Beschluss v. 2.10.2019 - 2 A 1846/19, BeckRS 2019, 25473, Rn. 5 ff., ferner OVG Koblenz, Beschluss v. 6.11.2019 - 8 A 10289/19, BeckRS 2019, 36094, Rn. 18 ff. 37 OVG Koblenz, Beschluss v. 6.11.2019 - 8 A 10289/19, BeckRS 2019, 36094, Rn. 18. 15 Und führt weiter aus:38 „Im Falle der Kläger sind indessen keine besonderen subjektiven Umstände oder atypischen objektiven Sachlagen erkennbar, die eine unbillige Härte zur Folge hätten. Insoweit ist den Klägern zwar zuzugestehen, dass die Energieeinsparverordnung ausführungsneutral ist (vgl. Halstenberg/Nusser: Energieeinsparung und Energieeffizienz im Bau- und Planungsrecht, EnWZ 2013, 343, 348). Der Bauherr genießt indessen keine völlige Freiheit in der Auswahl des Materials. Vielmehr muss gewährleistet sein, dass durch die vorgesehene Bauausführung die Werte der Energieeinsparverordnung eingehalten werden können. Bevorzugt der Bauherr hiernach, ohne dass hierfür besondere Umstände ersichtlich sind, – etwa wegen der bauphysikalischen Eigenschaften – ein bestimmtes Material, das die Anforderungen der Energieeinsparverordnung nicht erfüllt, so kann ihm ein höherer Aufwand abverlangt werden, um die maßgeblichen Werte einzuhalten. Insoweit liegt kein Härtefall vor. Für den dem Bauherrn entstehenden Mehraufwand sind letztlich nicht die Anforderungen der Energieeinsparverordnung ursächlich. Vielmehr beruhen sie auf seiner Entscheidung für die Verwendung eines bestimmten Baumaterials. Wollte man diesen Umstand als Härtefall anerkennen, so könnte die Energieeinsparverordnung - gerade in Bezug auf Neubauten - ihre Regelungswirkung nur eingeschränkt entfalten (vgl. OVG NRW, a.a.O., juris, Rn. 9).“ Somit ist zu folgern, dass die fehlende Amortisierbarkeit allein das Vorliegen einer „unbilligen Härte“ und damit eines Befreiungsanspruches nicht begründen kann. Auf das Kriterium der Amortisierbarkeit kommt es vielmehr nur in ungewöhnlich gelagerten Einzelfällen an, bei denen von „besonderen Umständen“ im Sinne des § 102 Abs. 1 Satz 1 GEG auszugehen ist, die die für den Bau verantwortliche Person nicht selbst herbeigeführt hat. Das dürfte nur sehr selten vorkommen.39 Zu beachten ist zudem, dass die Befreiungsvorschrift zwar einen Rechtsanspruch vermittelt, die jeweils antragstellende Person aber entsprechend den Gepflogenheiten des allgemeinen Verwaltungsrechts für sämtliche geltend gemachten Umstände bzw. Tatsachen die Darlegungslast trägt. Sowohl das Vorliegen von besonderen Umständen als auch (ggf. im zweiten Schritt) die behauptete Unmöglichkeit, die notwendigen Aufwendungen durch die eintretenden (zu erwartenden) Einsparungen zu erwirtschaften, muss also plausibel belegt werden. Hierbei gehen Darlegungslücken und mangelnde Plausibilität zu Lasten der den Antrag stellenden Person – gegebenenfalls mit der Rechtsfolge der Ablehnung des Antrags.40 4.2.3 Zur Auslegung der vorgesehenen Ergänzung in § 102 Absatz 1 Satz 2 GEG sowie der neu hinzukommenden Sätze 3 und 4 Die im GE-B vorgesehene Ergänzung zum zweiten Satz von § 102 Absatz 1 Satz 2 sowie die nachfolgenden Sätze 3 und 4 befanden sich bereits im ursprünglichen Gesetzentwurf (dem GE- A); siehe dazu den oben unter wiedergegebenen Wortlaut. Dazu führt die Begründung des GE-A aus:41 „Die Ergänzung von § 102 Absatz 1 Satz 2 sowie die Folgesätze dienen der Konkretisierung der Härtefallregelung. Bei der Feststellung einer „unbilligen Härte“ im Einzelfall ist auch zu berücksichtigen, dass die notwendigen Investitionen entweder in einem angemessenen Verhältnis zum Ertrag oder in einem angemessenen Verhältnis zum Wert des Gebäudes stehen. Bei dieser Abwägung sind die Umstände des Einzelfalls einschließlich der Möglichkeit der Inanspruchnahme von Finanzierungs-, Unterstützungs- und Beratungsangeboten zu berücksichtigen, so dass die erforderlichen Aufwendungen sich bei Förderangeboten ganz anders darstellen können. Satz 4 weist 38 OVG Koblenz, Beschluss v. 6.11.2019 - 8 A 10289/19, BeckRS 2019, 36094, Rn. 19. 39 Entsprechend für das bestehende Recht bereits Klinski, in: Hutter u.a., Kühle Gebäude im Sommer, in: UBA Climate Change 14/2022, S. 251. 40 Vgl. nur Vgl. Kallerhoff/Fellenberg, in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz (9. Aufl. 2018), § 24 Rn. 54 m.w.N. 41 Siehe BT-Drs. 20/6875, S. 141 f. 16 auf die erwartbaren Preisentwicklungen unter Berücksichtigung der Klimaschutzziele hin, die bei der Feststellung der unbilligen Härte mit in die Erwägungen einzubeziehen sind. Staatliche Preisbestandteile waren auch schon bisher im Rahmen des bestehenden Absatz 1 Satz 2 zu berücksichtigen. Die Klarstellung nimmt die ggf. steigende Preisentwicklung in Bezug. § 102 ist auch auf juristische Personen anzuwenden. Eine unbillige Härte liegt daher auch für Eigentümerinnen und Eigentümer von Gebäuden vor, die zum Betrieb einer Einrichtung der sozialen, kulturellen oder sonstigen Daseinsvorsorge, wie zum Beispiel eines Krankenhauses, einer Pflege- Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung, einer Kindertagesstätte oder einer anderen Einrichtung der Kinder- und Jugendhilfe sowie eines Frauenhauses oder einer anderen Schutz- und Zufluchtseinrichtung für gewaltbetroffene Personen oder des ehrenamtlichen Vereins- und Sportwesens, der freiwilligen Feuerwehr, Bürgerhäusern oder Vereinsheimen genutzt werden, die für eine bedarfsgerechte Versorgung erforderlich sind, insbesondere, soweit in den genannten Fällen die nach den Anforderungen dieses Gesetzes erforderlichen Investitionen eine unverhältnismäßige Belastung darstellen würden, welche zu Einschränkungen der gesetzlichen Leistungen führen kann oder die Aufrechterhaltung des Betriebs der betroffenen Einrichtung gefährdet.“ Die Ausführungen in der Begründung lassen erkennen, dass es sich nicht um eine sachliche Ausweitung oder Änderung des bereits bestehenden § 102 Absatz 1 Satz 2 GEG geht, sondern um eine Konkretisierung, die (offenbar) geboten erschien, um dem Eindruck entgegenzuwirken, die unbillige Härte könne sich ausschließlich auf die bisher in Satz 2 ausdrücklich beschriebenen Situationen beziehen (in denen sich die Aufwendungen nicht durch die eintretenden Einsparungen erwirtschaften lassen). Das liegt ganz in der Logik der bisherigen Formulierung, die mit der Einleitung durch das Wort „insbesondere“ deutlich gemacht hat, dass es sich um ein hervorzuhebendes Beispiel handelt, zugleich jedoch Offenheit für andere Fallgestaltungen signalisierte. Solche weiteren möglichen Fallsituationen werden in den Ergänzungen adressiert und in der Begründung des Gesetzentwurfs näher erläutert. Hervorzuheben ist aus rechtsdogmatischer Sicht, dass die bisherige Normstruktur beibehalten wird. Es ist nicht ersichtlich, dass insoweit Änderungen beabsichtigt seien. Entsprechendes ergibt sich weder aus dem Wortlaut der Änderungen noch aus der Begründung. Es bleibt also bei dem im vorangegangenen Abschnitt beschriebenen inneren Aufbau von § 102 Absatz 1 GEG, nach dem es für die Anwendung von Satz 1 Nummer 2 zunächst darauf ankommt zu klären, ob „besondere Umstände“ vorliegen, die von den gesetzlich angenommenen Regelfallsituationen abweichen. Nur wenn das zu bejahen ist und die betroffene Person diese Umstände nicht selbst zu vertreten hat, kann eine unbillige Härte angenommen werden. Nur dann kommt es darauf an, ob sich die Aufwendungen durch die zu erwartenden Einnahmen erwirtschaften lassen (so der bisherige Satz 2), ob die notwendigen Investitionen in einem angemessenen Verhältnis zum Ertrag stehen (so die hinzukommende Ergänzung zu Satz 2), ob die notwendigen Investitionen nicht in einem angemessenen Verhältnis zum Wert des Gebäudes stehen (so Satz 3) oder ob ein sonstiger, gesetzlich nicht ausdrücklich geregelter Fall der unbilligen Härte vorliegt. Letzteres könnte zum Beispiel der Fall sein, wenn andere als wirtschaftliche Gründe die Anerkennung einer unbilligen Härte gebieten – wie es jetzt in Absatz 1 Satz 5 der Vorschrift geregelt werden soll. Wichtig ist außerdem für alle Fälle, in denen es auf die Wirtschaftlichkeit ankommt, dass bei den Berechnungen stets zum einen die einschlägigen Förderangebote und zum anderen die zu erwartende Preisentwicklung unter Einbeziehung der CO2-Preisentwicklung zu berücksichtigen sind: ► Hinsichtlich der Fördermöglichkeiten ergibt sich dies aus den Ausführungen in der Begründung, lässt sich jedoch auch aus der Funktion der Norm ableiten, denn die Zubilligung einer Befreiung stellt sich als Ausnahme dar, deren Gewähr nach dem Zweck der Vorschriften nur gerechtfertigt sein kann, wenn es im Einzelfall erforderlich ist. Es ist daher 17 eine Gesamtwürdigung der Einzelfallsituation vorzunehmen, aus der die Möglichkeit der Erlangung von Fördermitteln nicht ausgeblendet werden kann. Nicht berücksichtigt werden können Fördermöglichkeiten daher (nur), wenn sie nicht (auf zumutbare Weise) erlangt werden können. Den betroffenen Personen ist es indessen regelmäßig zuzumuten, vorhandene Förderangebote wahrzunehmen, also zu beantragen und das jeweilige Vorhaben den Förderbedingungen anzupassen – so wie es den Bauherrn auch sonst zuzumuten ist, Materialien und Ausführungsvarianten zu wählen, die den rechtlichen Anforderungen genügen.42 ► Im Hinblick auf die Preisentwicklung und speziell die Einbeziehung auch der CO2-Preise stellt Satz 4 der Vorschrift ausdrücklich klar, dass diese mit zu berücksichtigen sind – wobei die Begründung (zutreffend) ausführt, dass dies aus rechtlicher Sicht an sich ohnehin schon bisher gegolten hat und weiterhin so ist. Eine Klarstellung schien aber aus der Sicht des Gesetzgebers wichtig, um insoweit keine Missverständnisse aufkommen zu lassen. Die CO2- Preisentwicklung kann zwar praktisch nur abgeschätzt werden. Das gilt aber für andere die Berechnung beeinflussende Faktoren wie etwa die Entwicklung der Zinsen oder der Energiepreise ebenfalls. Alle diese Faktoren sind ungeachtet dessen zwingender Bestandteil der Berechnung, so dass eine unter Einschluss aller zu berücksichtigenden Preisfaktoren nicht plausibel belegte Berechnung zur Ablehnung des Antrags führen muss (was aber ebenfalls auch ohne die klarstellenden Ergänzungen der Vorschrift gegolten hätte). Die praktische Bedeutung der betreffenden Gesetzesänderungen darf daher insgesamt nicht überschätzt werden. Die Zahl der Anwendungsfälle dürfte schon deshalb sehr gering sein, weil es allenfalls sehr wenige Fälle geben dürfte, in denen überhaupt „besondere Umstände“ vorliegen, nach denen es zur Anwendung von Satz 2 oder 3 der Bestimmung kommt. Und selbst wenn das der Fall sein sollte, dürfte es zumindest nicht einfach sein, eine fehlende Wirtschaftlichkeit im Sinne der Bestimmungen plausibel darzulegen – schon weil nach derzeitigen fachlichen Erkenntnissen mit mittel- und langfristig gegenüber den Trends der vergangenen Jahre (abgesehen von der Sondersituation des Energiekrisenwinters 2022/2023) stark steigenden fossilen Brennstoffkosten zu rechnen ist, was insbesondere auf die zu erwartende CO2-Preisentwicklung zurückgeführt werden kann. 4.2.4 Zur Auslegung des vorgesehenen § 102 Absatz 1 Satz 5 GEG Der darüber hinaus vorgesehene Satz 5 zu § 102 Absatz 1 GEG entstammt dem GE in der Fassung der Beschlussempfehlung (GE-B). Die Formulierung trägt folgenden Wortlaut: „Eine unbillige Härte liegt auch vor, wenn aufgrund besonderer persönlicher Umstände, die Erfüllung der Anforderungen des Gesetzes nicht zumutbar ist.“ Die betreffende Passage in der Begründung lautet:43 „Neben den in der Begründung bereits dargestellten Umstände für das im Einzelfall zu prüfende Vorliegen einer unbilligen Härte kann eine solche auch vorliegen, wenn aufgrund besonderer persönlicher Umstände, wie z.B. einer Pflegebedürftigkeit oder einer Schwerbehinderung, die Erfüllung der Anforderungen des Gesetzes nicht zumutbar ist.“ 42 In diesem Sinne zu § 25 EnEV OVG Koblenz, Beschluss v. 6.11.2019 - 8 A 10289/19, BeckRS 2019, 36094, Rn. 19. 43 Siehe BT-Drs. 20/7619, S. 96. 18 Dem neuen Satz 5 dürfte eine weitergehende Bedeutung zukommen als den vorangehenden Ergänzungen. Im vorigen Abschnitt ist zwar bereits herausgearbeitet worden, dass eine unbillige Härte auch aus anderen als (betriebs-) wirtschaftlichen Gründen eintreten kann, namentlich aus in der gesundheitlichen oder in der sozialen Situation liegenden Gründen, etwa auch bei geringem Einkommen wie insbesondere im Falle der Abhängigkeit von Sozialleistungen oder fehlender individueller Kreditwürdigkeit auf Grund Alters und/oder geringem Rentenbezug. Jedoch besteht bei derartigen Fällen eine Besonderheit darin, dass bei Vorliegen einer solchen Situation außerdem quasi naturgemäß auch das vorangeschaltete Tatbestandsmerkmal der besonderen Umstände aus § 102 Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 GEG gegeben ist. Solche besonderen Umstände können auch schon bisher nach der Rechtsprechung als besondere Umstände subjektiver Art die Anwendbarkeit der Vorschrift begründen.44 Von daher stellt sich der neue Satz 5 wiederum zwar nur als Klarstellung dar, aber als eine besonders wichtige, weil derartige Fälle der unbilligen Härte im bisherigen Recht durch die ausdrückliche Erwähnung ausschließlich (betriebs-) wirtschaftlicher Umstände in den Hintergrund traten. Namentlich bei Maßnahmen wie einem Heizungsaustausch, also dem Ersatz einer alten Heizanlage in einem Bestandsgebäude, dürfte es sich um die bedeutendste Fallgruppe für die Anwendung der Befreiungsvorschrift handeln. So kann in einer gewissen Zahl der Fälle insbesondere damit gerechnet werden, dass zum Heizungsaustausch Verpflichtete selbst nicht über die erforderlichen Geldmittel für die notwendigen Investitionen verfügen, diese aber auch nicht über Kredite erlangen können, weil sie etwa aus Gründen des Alters oder des geringen Einkommens von den Banken nicht als kreditwürdig eingestuft werden. Sofern in derartigen Fällen keine andere (leistbare) Verhaltensalternative aus den Optionen des § 71 GEG zur Verfügung stehen sollte – was gegebenenfalls vorrangig zu erwägen ist (!) – und auch keine Finanzierung über die Inanspruchnahme von Fördermitteln erlangbar ist, ist den Betroffenen die Einhaltung der Vorschriften dann schlicht nicht möglich, ohne die Immobilie zu veräußern. Sollte das Vorliegen solcher Umstände im Antragsverfahren von den jeweiligen Betroffenen nachgewiesen werden, so spricht viel (nach Auffassung des Unterzeichners Überwiegendes) dafür, dass den Betroffenen eine Befreiung nach § 102 Absatz 1 Satz 5 GEG erteilt werden muss, weil ihnen die Veräußerung der Immobilie aus Verhältnismäßigkeitsgründen nicht zugemutet werden kann. Dem könnte der Bund als Fördergeber jedoch entgegenwirken, indem er auf diese Personengruppen zugeschnittene Förderkonstrukte schafft, die entweder eine Finanzierung ohne Inanspruchnahme von (privaten) Bankdarlehen ermöglichen oder mit denen eine (staatliche) Darlehensabsicherung zur Verfügung gestellt wird, die von den Banken als Kreditsicherheit akzeptiert wird. Betont sei, dass in der Anerkennung solcher persönlichen Umstände als „besondere Umstände“ im Sinne von § 102 Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 GEG kein Widerspruch zu der obigen Aussage liegt, nach der nur solche Umstände anzuerkennen sind, die von der betroffenen Person nicht selbst zu vertreten sind. „Subjektive“ Umstände und „selbst zu vertretende“ Umstände sind nicht das gleiche. Selbst zu vertreten sind Umstände, die subjektiv beeinflussbar sind. Subjektive Umstände wie die Gesundheit oder die individuelle soziale Ausgangssituation sind Umstände, die sich nicht oder jedenfalls nicht innerhalb des zeitlichen Horizonts der Erfüllung von Pflichten aus § 71 GEG im Hinblick auf Bestandsgebäude beeinflussen lassen. Daher sind sie aus der Perspektive des GEG als nicht selbst zu vertretende Umstände anzusehen – anders als die „gewillkürte“ Absicht, eine bestimmte Technik einzusetzen. 44 Ausdrücklich OVG Koblenz, Beschluss v. 6.11.2019 - 8 A 10289/19, BeckRS 2019, 36094, Rn. 18 f. (siehe oben). 19 4.2.5 Die vorgesehene Hinzunahme von § 102 Absatz 5 GEG Der neu hinzukommende fünfte Absatz entstammt ebenfalls dem GE-B. Die ursprünglich im GE- A vorgesehene Formulierung wurde durch diese ersetzt. Sie lautet: „(5) Die nach Landesrecht zuständigen Behörden haben einem Eigentümer, der zum Zeitpunkt der Antragsstellung seit mindestens sechs Monaten ununterbrochen einkommensabhängige Sozialleistungen bezogen hat, auf Antrag von den Anforderungen des § 71 Absatz 1 zu befreien. Die Befreiung erlischt nach Ablauf von zwölf Monaten, wenn nicht in dieser Zeit eine andere Heizungsanlage eingebaut wurde. Die Sätze 1 und 2 sind entsprechend für Personen anzuwenden, die aufgrund schuldrechtlicher oder dinglicher Vereinbarungen anstelle des Eigentümers zum Austausch der Heizungsanlage verpflichtet sind.“ Die Begründung zum GE-B lautet dazu:45 „Der neu aufgenommene Absatz 5 soll Eigentümer von den Anforderungen nach § 71 befreien, wenn es sich um Bezieher von einkommensabhängigen Sozialleistungen handelt. Dies trifft zu beim Bezug von laufenden Leistungen nach dem SGB II, dem Dritten oder Vierten Kapitel des SGB XII, von Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem SGB XIV, ergänzender Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem BVG, laufenden Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, dem WoGG oder Kinderzuschlag nach dem BKGG. Der Leistungsbezug muss durchgehend mindestens sechs Monate vor der Antragstellung bestanden haben, damit sich die Befreiung auf den Personenkreis beschränkt, der über einen längeren Zeitraum tatsächlich hilfebedürftig ist. Aus diesem Grund wird die Befreiung auch zeitlich befristet ausgestellt. Erfolgt der Heizungsaustausch nicht innerhalb von 12 Monaten, erlischt die Befreiung. Kann der Austausch nicht innerhalb der 12 Monate erfolgen, kann eine neue Befreiung für 12 Monate beantragt werden, wenn die Voraussetzungen des Satzes 1 erneut vorliegen. Satz 3 ist erforderlich, um eine Austauschverpflichtung von Liegenschaftsbesitzern ohne Eigentumsrechte zu erfassen (Nießbrauchsrecht, dingliches Wohnrecht).“ Der neu vorgesehene fünfte Absatz des § 102 GEG adressiert Situationen, die sich mit dem neuen § 102 Absatz 1 Satz 5 GEG überlappen. Der Absatz schafft einen zusätzlichen, selbständig neben § 102 Absatz 1 GEG tretenden Befreiungsgrund. Er betrifft speziell Fälle, in denen gesetzlich verantwortliche „Eigentümer“ oder sonst Verfügungsberechtigte über Heizanlagen die in der Vorschrift genannten (und in der Begründung erläuterten) Arten von staatlichen Sozialleistungen beziehen. „Besondere Umstände“ im Sinne von § 102 Absatz 1 Satz 1 Nr. 5 GEG müssen hierbei nicht vorliegen bzw. dargelegt werden. Deshalb dürfte auch dieser Vorschrift quantitativ eine gewisse Bedeutung zukommen. Aus der (juristischen) Sicht des Verfassers erscheint die Hinzunahme dieser Vorschrift allerdings problematisch. Denn in derartigen Situationen greift ggf. ohnehin § 102 Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 GEG, weil besondere (subjektive) Umstände vorliegen, in denen eine unbillige Härte anzuerkennen ist, was sich künftig klarstellend aus dem neuen § 102 Absatz 1 Satz 5 GEG ergibt. Auf der Rechtsfolgenseite geht § 102 Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 GEG jedoch weiter als der neue Absatz 5. Denn Letzterer enthält zahlreiche Beschränkungen, die für Absatz 1 der Vorschrift nicht gelten. Vor diesem Hintergrund ist zu klären, welche Bedeutung dem neuen fünften Absatz zukommen kann. An sich müsste Absatz 5 in den betreffenden Fällen einer Anwendung von Absatz 1 als die speziellere Vorschrift vorgehen. Das würde jedoch zu dem aus verfassungsrechtlicher Sicht unter Gleichheitsgesichtspunkten problematischen Ergebnis führen, dass die in Absatz 5 der Bestimmung angesprochenen, von Sozialleistungen abhängigen Personen schlechter gestellt wären als andere von § 102 Absatz 1 Satz 5 GG miterfasste Personen. Da dafür kein nachvollziehbarer Grund ersichtlich ist, dürfte in verfassungskonformer Auslegung stets § 102 45 Siehe BT-Drs. 20/7619, S. 96 f. 20 Absatz 1 Satz 5 GEG zur Anwendung kommen, so dass die in § 102 Absatz 5 GEG festgelegten Einschränkungen des Anspruchs keine Anwendung finden können. Bei dieser, aus der Sicht des Verfassers naheliegenden, verfassungskonformen Auslegung geht dann im Ergebnis § 102 Absatz 5 GEG ins Leere. 5 Abschließende Gesamtwürdigung In der Gesamtschau lassen sich die Ergebnisse wie folgt rechtlich würdigen: 1. Zum allgemeinen Wirtschaftlichkeitsgebot (§ 5 GEG) ► Der Gesetzgeber der aktuellen Änderungen zum GEG hat das als Orientierungsvorgabe an die Ebene der Gesetzgebung gerichtete Wirtschaftlichkeitsgebot des § 5 GEG unverändert gelassen. Bei der Konzipierung der konkreten Vorschriften der neuen §§ 71 ff. GEG („65- Prozent-EE-Pflicht“) hat er dem Gebot dementsprechend Beachtung geschenkt. Das kommt darin zum Ausdruck, dass den Adressaten der Pflichten aus § 71 GEG mit den von § 71 Absatz 2 GEG eröffneten Wahloptionen in den typischen Anwendungsfällen geeignete Handlungsmöglichkeiten zur Verfügung gestellt werden, bei deren Nutzung eine Amortisierung des Investitionsaufwands durch die erreichbaren Einsparungen an laufenden Energiebezugskosten zu erwarten ist. Ob sich eine Amortisierbarkeit bei anwendungstypischen Fallgruppen erwarten lässt, hat das zuständige Ministerium im Vorfeld der Erstellung des Gesetzentwurfs wissenschaftlich auf Grund von nachvollziehbaren Annahmen für die zukünftige Kostenentwicklung untersuchen lassen – mit einem positiven Ergebnis, denn für die Beheizung von Gebäuden mit fossilen Energien ist mittel- bis langfristig mit einer erheblichen Steigerung des Kostenniveaus zu rechnen. Die gewählte typisierend an Fallgruppen orientierte Vorgehensweise entspricht der langjährigen Praxis schon aus der Zeit des früheren EnEG und dem diesem entlehnten Konzept des § 5 GEG. Sie kann deshalb rechtlich als belastbar eingestuft werden. ► Die im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens zur GEG-Novelle 2023 vorgenommenen Änderungen am ursprünglichen Gesetzentwurf, nach denen weitere Wahloptionen hinzugefügt und die Zeitpunkte für das Wirksamwerden der Pflichten im Gebäudebestand hinausgeschoben wurden, waren aus dem Blickwinkel des § 5 GEG nicht notwendig, weil dem als Amortisierbarkeitsgebot zu verstehenden Wirtschaftlichkeitsgebot bereits im ursprünglichen Gesetzentwurf Genüge getan war. Die betreffenden Änderungen können daher als „politische Kulanz“ eingeordnet werden, derer es rechtlich nicht bedurft hätte. 2. Zum Befreiungstatbestand (§ 102 GEG) ► Da dem Wirtschaftlichkeitsgebot des § 5 GEG mit den neuen Verpflichtungen aus den §§ 71 ff. GEG bei den anwendungstypischen Fallgruppen bereits kraft Gesetzes Genüge getan ist, bleibt für eine Erteilung von Befreiungen in Einzelfallen nach § 102 Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 GEG aus Gründen mangelnder Amortisierbarkeit in diesen typischen Fallgruppen grundsätzlich kein Raum. Das liegt daran, dass § 102 Absatz 1 Satz 1 GEG für die Annahme einer „unbilligen Härte“ (wie schon die Vorgängervorschrift der EnEV) das Vorliegen „besonderer Umstände“ verlangt, die von den anwendungstypischen Fallgruppen abweichen und von den Betroffenen nicht selbst zu vertreten sind. 21 ► Insbesondere bei der Anwendung in Neubauten, aber auch in den typischen Anwendungsfällen in Bestandsgebäuden kann grundsätzlich als sichergestellt angenommen werden, dass (mindestens) eine der eröffneten Wahloptionen für die Erfüllung der „65- Prozent-EE-Pflicht“ zur Amortisierbarkeit im Sinne des Wirtschaftlichkeitsgebots führt. Es ist den Betroffenen grundsätzlich zuzumuten, die aus diesem Blickwinkel günstigste Option zu wählen. Tun sie dies nicht, weil sie dies aus (irgendwelchen) Gründen nicht wollen, obwohl sie es könnten, so liegen keine „besonderen Umstände“ vor, die eine Anwendung der Befreiungsvorschrift rechtfertigen würden, denn diese Entscheidung wäre von den Betroffenen selbst zu vertreten. Das Vorliegen von (nicht zu vertretenden) „besonderen Umständen“ für eine Abweichung von § 71 ff. GEG aus Gründen mangelnder Amortisierbarkeit kann daher in Neubaufällen praktisch so gut wie nicht vorkommen. Im Bereich der Bestandsgebäude ist es nur denkbar, wenn sich die Ausgangssituation aus von den Pflichtadressaten nicht zu vertretenden Gründen so darstellt, dass die amortisierbaren Optionen sämtlich nicht in Betracht kommen – sei es aus rechtlichen und/oder aus tatsächlichen Gründen. Das erscheint in sehr seltenen Ausnahmesituationen denkbar, wenn etwa bestimmte Optionen aus rechtlichen Gründen unausführbar sind und zugleich andere am Ort nicht verfügbar sind. ► § 102 Absatz 1 GEG wurde im Rahmen der Novelle 2023 allerdings noch um einige Vorschriften ergänzt, die sich auf andere Aspekte als die Amortisierbarkeit beziehen und von daher Fallgestaltungen betreffen, bei denen es nicht im engeren Sinne um das Gebot der Wirtschaftlichkeit (im Sinne der Amortisierbarkeit) geht, sondern um die wirtschaftliche (oder auch nichtwirtschaftliche) Zumutbarkeit in einem weiteren Sinne. Konkret werden insofern das Verhältnis der investiven Aufwendungen zum Ertrag (Ergänzung zu Satz 2 der Vorschrift), zum Grundstückswert (neuer Satz 3 der Vorschrift) sowie persönliche Umstände (Satz 5 der Vorschrift) angesprochen. Außerdem wird in einem neuen Satz 4 der Vorschrift darauf hingewiesen, dass auch die künftigen CO2-Kosten zu berücksichtigen sind. Bei diesen Ergänzungen handelt es sich sämtlich um Klarstellungen, die auch schon von der bisherigen Befreiungsbestimmung mit umfasst waren. Denn der bisher in Absatz 1 Satz 2 der Vorschrift lediglich genannte Fall der fehlenden Amortisierbarkeit war nur ein (nicht abschließendes) Beispiel für eine unbillige Härte, die bei Vorliegen „besonderer Umstände“ im Sinne von § 102 Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 GEG zum Anspruch auf eine Befreiung führen würde. Auch die neu hinzugekommenen Beispiele waren schon bisher erfasst. Auch für diese neu herausgehobenen Anwendungsfälle bleibt es indessen dabei, dass es aus den jeweiligen Gründen nur dann eine Befreiung geben kann, wenn von den typischen Fallgruppen der Anwendung abweichende „besondere Umstände“ vorliegen, die von den Betroffenen nicht zu vertreten sind. ► Hervorzuheben sind daher diejenigen Anwendungsfälle des § 102 Absatz 1 GEG, bei denen sich die Erfüllung einzelner Pflichten aus (nicht zu vertretenden) persönlichen Gründen als nicht zumutbar darstellt – insbesondere aus gesundheitlichen oder sozialen Gründen einschließlich der individuellen wirtschaftlichen Situation. Hier ist § 102 Absatz 1 Satz 5 GEG einschlägig, nach dem eine unbillige Härte auch vorliegt, wenn „aufgrund besonderer persönlicher Umstände die Erfüllung der Anforderungen des Gesetzes nicht zumutbar ist“. Letzteres kann insbesondere vorkommen, wenn die Verpflichteten von Sozialleistungen 22 abhängig sind oder aus Gründen des Alters und/oder des geringen Einkommens notwendige Kredite und/oder Fördermittel nicht erlangen können, weil sie von den Banken nicht als kreditwürdig eingestuft werden. Derartige Fälle könnten speziell im Hinblick auf die Pflichten aus § 71 GEG für Bestandsgebäude häufiger vorkommen. Sollte im Falle fehlender Kreditwürdigkeit keine andere Verhaltensoption des § 71 Absatz 2 GEG in Betracht kommen, bei der sich das Finanzierungsproblem nicht stellt, so liegen „besondere Umstände“ subjektiver Art vor, die von den Verpflichteten nicht zu vertreten sind. Bei Vorlage geeigneter Nachweise dürfte dann eine Befreiung zu erteilen sein. Dem Entstehen solcher Problemlagen könnte der Staat als Fördermittelgeber allerdings vorbeugen, indem er den betreffenden Personengruppen z.B. geeignete Kreditabsicherungen zur Verfügung stellt, die von den Banken als ausreichend akzeptiert werden. ► Hingewiesen seit schließlich noch darauf, dass sich die neue Bestimmung des § 102 Absatz 5 GEG, die sich speziell auf Empfänger von Sozialleistungen richtet, nach der vorgenommenen Untersuchung als überflüssig (und verwirrend) erweist, weil die betreffenden Fälle ohnehin von der (weitergehenden) Befreiungsbestimmung des § 102 Absatz 1 Satz 5 GEG erfasst sind, die bei verfassungskonformer Auslegung dann vorrangig anzuwenden ist. Impressum Herausgeber Autorenschaft Umweltbundesamt Wörlitzer Platz 1 06844 Dessau-Roßlau Tel: +49 340-2103-0 Fax: +49 340-2103-2285 buergerservice@uba.de Internet: www.umweltbundesamt.de Prof. Dr. Stefan Klinski, Berlin Redaktion Umweltbundesamt, Fachgebiet V 1.4 Energieeffizienz, Jens Schuberth Die Verantwortung für den Inhalt dieser Veröffentlichung liegt bei den Autoren. Stand: August/2023 mailto:buergerservice@uba.de http://ubanet/websites/PB2/Layout-Publikationen/CorporateDesign/Factsheets/www.umweltbundesamt.de Der Umgang mit dem Wirtschaftlichkeitsgrundsatz in der Novelle zum GEG 2023 Ad-hoc Papier 1 Einleitung 2 Überblick über die relevanten Bestimmungen im bisherigen GEG 3 Überblick über den Gesetzentwurf zur Änderung des GEG 3.1 Vorgaben aus Anlass des Einbaus/der Aufstellung von Heizanlagen 3.2 Änderungen im Befreiungstatbestand 3.3 Sonstige im hiesigen Kontext relevante Änderungen des GEG 4 Zur Berücksichtigung der Wirtschaftlichkeit in der Gesetzesnovelle zum GEG 4.1 Berücksichtigung des allgemeinen Wirtschaftlichkeitsgrundsatzes (§ 5 GEG) bei der Gesetzeskonzeption und den „Heizungsregelungen“ 4.2 Berücksichtigung der Wirtschaftlichkeit im Rahmen des Befreiungstat-bestands (§ 102 GEG) 4.2.1 Die vorgesehenen Änderungen in § 102 Absatz 1 GEG 4.2.2 Zum Verständnis von § 102 Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 GEG 4.2.3 Zur Auslegung der vorgesehenen Ergänzung in § 102 Absatz 1 Satz 2 GEG sowie der neu hinzukommenden Sätze 3 und 4 4.2.4 Zur Auslegung des vorgesehenen § 102 Absatz 1 Satz 5 GEG 4.2.5 Die vorgesehene Hinzunahme von § 102 Absatz 5 GEG 5 Abschließende Gesamtwürdigung